“Diese Passage ist ein Skandal”

Wenn es um den Neumarkt geht, sind verbale Superlative an der Tagesordnung – im Guten wie im Schlechten. Und so hätte das Urteil des ehemaligen Dresdner Baubürgermeisters Gunter Just über die neue “QF”-Passage kaum vernichtender ausfallen können: “Diese Passage ist ein Skandal”, schimpfte der Stadtplaner anlässlich eines Kolloquiums, das die Klasse Baukunst der Akademie der Künste zur städtebaulichen Entwicklung am 21. Oktober veranstaltet hatte. “Da hat man uns italienisches Flair versprochen und jetzt fehlt da jegliche Noblesse. Das ist die schlechteste Einkaufspassage, die in Dresden gebaut wurde.”

Was in der Tat negativ ins Auge fällt, ist die wenig edle Verarbeitung und Ausgestaltung der Passage im Detail. Das Glasdach wirkt schmutzig, der Boden billig, das Ambiente insgesamt karg, die Passage will nicht so recht zum Verweilen einladen. Da die Entwicklung des Quartiers auf mich bislang einen sehr überzeugenden Eindruck gemacht hatte, habe ich das Architekturbüro von Döring angeschrieben und um ein Statement zum Bauergebnis gebeten. In dem Antwortschreiben – im übrigen ein sehr lobenswerter Ausdruck von Dialogbereitschaft und Transparenz seitens der Planer – heißt es u.a.:

“Vieles ist noch provisorisch im Quartier. Daher auch die vielen Stellen, die noch so unfertig aussehen. Als Beispiel ist auch das Balkongeländer [am Kopfbau zum Fürstenzug hin, Anm.] zu nennen, dieses ist nur ein Muster, das wir vorab anbringen lassen haben. Das Original wird aus stärkerem Stahlblech sein, hinter das Blech kommen – wie auch auf die Fassadenelemente im Erdgeschoss – noch bedruckte oder emaillierte Glaselemente. Auch wir sind mit der Qualität der Passage unzufrieden. Der Gussasphalt ist in absolut unbefriedigender Qualität eingebracht und erweckt im Moment tatsächlich nicht den gewünschten hochwertigen Eindruck. Wir wollten allerdings von Anfang an einen homogenen Bodenbelag, da wir so viele Richtungen in der Passage haben, dass das mit einer Plattenverlegung äußerst problematisch wäre. Die Farbgestaltung der Passage (teilweise Wände und Stützen) ist noch nicht hundertprozentig fertigestellt. Auch fehlen noch Elemente wie Bänke und andere Einrichtungsgegenstände, die die Aufenthaltsqualität steigern. Dies wird aber alles noch kommen. Ansonsten soll die Passage nicht in den Vordergrund treten sondern die Bühne für die Läden darum sein.”

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Moderne Schauseite des “QF” zum Fürstenzug hin.

3 Responses to ““Diese Passage ist ein Skandal””

  1. silesianospostato
    October 30th, 2006 18:38
    1

    Also Skandal ist meines Erachtens das falsche Wort. Es ist noch nicht optimal, kann aber problemlos nachgebessert werden. Wenn es jemandem nicht gefällt, soll er die Passage halt nicht betreten - es wird dadurch ja die Stadtlandschaft nicht beschädigt. Ein echter Skandal wäre hingegen der Bau des Gewandhauses in moderner Form - damit wäre wirklich das Neumarkt-Konzept gescheitert. Wieso sich also über unbedeutende Randerscheinungen wie diese Passage aufregen…

  2. vitruv
    October 31st, 2006 00:51
    2

    Ich stimme mit Gunter Just völlig überein. Aber immerhin sehen die Verantwortlichen die Mängel und bemühen sich um Nachbesserung. Das wird den grauen Gesamteindruck aber auch nicht verbessern können und die hässlichen Fassaden im Inneren schon gar nicht.
    Das Gewandhaus finde ich auch wesentlich problematischer. Zum Glück wird es noch dauern, bis eine Entscheidung fällt.

  3. Jochen
    October 31st, 2006 13:24
    3

    Ich habe so das Gefühl, daß die Passage bei allen tatsächlichen Mängeln in puncto Ausstattung und Ausführung hier lediglich eine “Blitzableiterfunktion” hat. Die lieben Experten von der Klasse “Baukunst” der Akademie haben in ihrem Kolloquium bezeichnenderweise zu der äußeren Beschaffenheit der Töpfergasse, insbesondere Eckbau Nr. 16, kein Sterbenswörtchen verlauten lassen. Wie heißt es so schön : “eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus”. Jetzt fällt alles aus den Wolken und über die Passage her. Was hat man denn erwartet. Sie ist ein Stück “Normalität”. So sehr ich der Passage und der “gesamten” Nordseite des QF etwas mehr althergebrachte Schönheit gewünscht hätte, muß man doch zum Innern davon ausgehen, daß daß die Masse der Touristen “normale Leute” sind, die auf ihrem Tagesausflug zur Frauenkirche mal eben neugierig durchschlendern. Glaubt denn jemand, daß die Ortsgruppe der “Volkssolidarität” Torgau oder Leute der evangelischen Gemeinde Braunschweig in schönen und exklusiven, aber teuren Geschäften einkaufen? Es wird schon schwer, die schönen entstehenden Restaurants rund um die Frauenkirche zu füllen, da die meisten dieser Leute ihr “Bütterken” und “Kaffeeflasche” mitgebracht haben. Ich glaube, daß allein diese Realität zu dem “Produkt” geführt haben. Ich verheddere mich auch oft mit meinem Wunschdenken zu Dresden und insbesondere zum Neumarkt in denr Kompromissen und der Realität.

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