Archive for September, 2006

“Quartier an der Frauenkirche” öffnet seine Pforten

Sunday, September 24th, 2006 2:13pm

Am Samstag war es soweit: 40 von insgesamt 47 Läden hatten geöffnet, als die Öffentlichkeit erstmals Zutritt zum – am Vorabend mit einem Lichtspektakel feierlich eingeweihten – “Quartier an der Frauenkirche” hatte. Für Spannung hatte im Vorfeld vor allem das Innere des Komplexes gesorgt, das als öffentliche, glasüberdachte Einkaufspassage auf insgesamt drei Etagen konzipiert worden war.
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Zunächst ein paar Worte zur Gestaltung dieser Passage. Die Investoren hatten stets betont, dass sie im “QF” ganz bewusst Tradition und Moderne miteinander zu verbinden suchen, und so war es keine Überraschung, dass sich das Passageninnere insgesamt sehr modern präsentierte: glatte Materialien, gedeckte Farbigkeit, reduzierte Formen, Verzicht auf ornamentale Akzente. (Freunde historischer Einkaufspassagen, wie sie der Historismus schon vor rund 100 Jahren in deutschen Großstädten hervorgebracht hatte, dürften enttäuscht worden sein.) Die Nüchternheit und Strenge der Gestaltung wird durch die assymetrische Anlage des Passagengrundrisses konterkariert. Trotz der vergleichsweise kleinen Grundfläche der Passage vermittelt die ebenfalls assymetrische Anlage der Freitreppe ein Gefühl von Großzügigkeit und Weite. Das markanteste Merkmal der Anlage ist zweifelsohne das Glasdach, welches den Blick immer wieder nach oben, zur Kuppel der Frauenkirche, gleiten lässt:
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Nun zum Konzeptionellen. Die Investoren haben sich alle Mühe gegeben, ihr “QF” stets als das ganz Besondere, das so in Dresden noch nicht Dagewesene zu präsentieren. Dennoch sollte zunächst einmal ganz nüchtern festgestellt werden: Dresden hat im Innenstadtbereich eine weitere Einkaufspassage erhalten. Es ist nicht die erste, und es wird sicherlich nicht die letzte ihrer Art gewesen sein. Zwar vermitteln die sorgfältig ausgewählten Boutiquen und gastronomischen Einrichtungen den Eindruck einer gewissen Exklusivität und Noblesse, unterm Strich bleibt es jedoch bei dem üblichen Mix aus Shoppen & Schlemmen. Und all jene Geschäfte, die als Verkaufskatalysatoren schwülstige, überdimensionierte, viel zu tief hängende Kronleuchter mitsamt historisch anmutender Innenausstattung einsetzen, laufen Gefahr, kitschig daherzukommen. Dies gilt insbesondere für die Anbieter von Geschenkartikeln aus dem Erzgebirge, die fensterlos im Tiefgeschoss logieren und ihre Decken mit Holzbalken dekoriert haben.

Abschließend noch eine Bemerkung zur Architektur. Ich stelle fest, dass ich als Besucher der Passage – trotz mittlerweile geschulten Blicks – kaum einen Bezug zwischen den kleinteiligen, überwiegend sehr ansprechend gestalteten Außenfassaden des Areals und dem Inneren des Gebäudekomplexes herstellen kann. Eine schlüssige Vermittlung zwischen dem hochmodernen Passgageninneren und den historischen Fassaden zum Neumarkt hin findet nicht statt, eine Fortsetzung der historischen Formensprache etwa an den rückseitigen Fassaden der zum Neumarkt gelegenen Gebäude sucht man vergeblich.

Diese Kritikpunkte müssen deutlich genannt werden, und ich hoffe inständig, dass künftige Investoren sie sich zu Herzen nehmen werden. Bedenkt man, wie lange das Quartier zum bloßen Parkplatz degradiert war, so ist das “QF” sicherlich ein erfreulicher Beitrag zur Stadtentwicklung. Dennoch hoffe ich, dass dieses Beispiel nicht Schule macht – eine Passage á la QF am Neumarkt ist genug. Die Besucher des neuen Neumarkts können einen Ort wie diesen zum Shoppen & Schlemmen gut gebrauchen, aber sie brauchen ebensosehr die Intimität und Geborgenheit “echter” Hinterhöfe. Wer Prag kennt, weiß wovon ich spreche.

Mein persönliches Fazit: Lasst uns diese eine Einkaufspassage über drei Etagen am Neumarkt haben, aber der Neumarkt möge sich bitte nicht zu einem Konglomerat trickreich hinter historischen Fassaden versteckter Shopping-Zentren entwickeln.
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Anmerkung zum nachfolgenden Bild: Einen außerordentlich noblen Eindruck macht das von Wörner & Partner entworfene Eckhaus direkt gegenüber der Frauenkirche, in dessen Erdgeschoss sich ein Juwelier eingerichtet hat. Wäre das Gebäude nicht mit einem – an dieser Stelle äußerst gewöhnungsbedürftigen – gläsernen Staffeldach ausgestattet, würde ich es spontan zum gelungensten Vertreter moderner Architektursprache am Neumarkt erklären.
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Keine Flutlichtanlage am Altmarkt!

Tuesday, September 19th, 2006 8:56am

Seit Jahren gibt es Pläne, den Altmarkt im Zuge des geplanten Tiefgaragenneubaus umzugestalten. Basis dafür sind Entwürfe der Hamburger Landschaftsarchitekten WES & Partner, die seinerzeit mit einem ersten Platz bei einem Gestaltungswettbewerb prämiert worden waren. Diese Planungen sehen u. a. einen 20 Meter hohen, geneigten Lichtmast vor, an dem eine Vielzahl von Strahlern montiert werden soll. Also noch ein Pylon im Zentrum.

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Quelle: WES & Partner

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Ich frage mich: Warum müssen die dreiarmigen “Tulpen”-Leuchter, die zurzeit noch die Platzkanten säumen und hervorragend zur warmen, sandsteinverkleideten Architektur der 50er Jahre passen, verschwinden und durch kalte, futuristische Lichtstelen ersetzt werden? Warum kann der Altmarkt nicht im Geist seiner prägenden Bauten – und das ist nun einmal die “stalinbarocke” Architektur der frühen Nachkriegszeit – gestalterisch weiterentwickelt und vollendet werden? Was geht in den Köpfen von Gestaltern vor, die sich so etwas ausdenken? Und warum wird so etwas mit einem ersten Platz ausgezeichnet? 20 Meter hohe Lichtmasten mit montierten Strahlern – die haben am Dresdner Altmarkt nichts verloren, die gehören auf Sportplätze und werden hierzulande auch als Flutlichtanlage bezeichnet.

Am Donnerstag entscheidet der Stadtrat, wie es am Altmarkt weitergeht. Bitte erspart uns diesen vermeintlichen Geniestreich!

Schöne neue Welt am Postplatz?

Monday, September 18th, 2006 3:43pm

Der Umgestaltungsprozess der Dresdner Altstadt erweckt auf den ersten Blick den Anschein, als sollte das historische Dresden zumindest in seinem innersten Kern ansatzweise wiederhergestellt werden, ergänzt durch einige mehr oder weniger behutsam einmodellierte Neuschöpfungen. Verlässt man jedoch den historisch-historisierenden “Speckgürtel” rund um die Frauenkirche, wird sehr schnell klar: An den zentralen Plätzen, die sich an das erweiterte Neumarktgebiet anschließen – am Pirnaischen Platz, am Altmarkt und am Postplatz – hat sich der Traum vom alten Dresden ausgeträumt. Zwar ist auch hier noch immer überreichlich Brachland vorhanden, anders als am Neumarkt gibt es hier jedoch keine Bestrebungen, das “alte” Dresden zu zitieren. Der Postplatz wird im Grunde völlig neu erschaffen. Den Auftakt bildete vor wenigen Wochen die Zentralhaltestelle der Dresdner Verkehrsbetriebe mit ihrem umstrittenen “Schmetterlingsdach”.

Nun ist der Postplatz um eine modernistische Attraktion reicher geworden: 5 Lichtmasten erheben sich in den Himmel über dem frisch gepflasterten Brachland und sollen beleuchtungstechnisch einen besonderen Akzent im Stadtbild setzen. Es handelt sich um Metalldampf-Halogen-Lampen, die das Licht indirekt über eloxierte Hochglanzspiegel nach unten bringen; so soll der Eindruck von gleichsam “schwebenden” Lichtpunkten erweckt werden. Das Beleuchtungskonzept ist Teil des städtebaulichen Konzepts von Architekt Joachim Schürmann, der 1991 den städtebaulichen Wettbewerb für den Postplatz gewann.
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Moderne Fassade von Wörner & Partner fertiggestellt

Monday, September 18th, 2006 2:14pm

Wenige Tage vor der geplanten Einweihung des “Quartiers an der Frauenkirche” sind die letzten Gerüste am Quartier I gefallen. Der wohl umstrittenste Neubau am Neumarkt dürfte seit Samstag all jene verärgern, die sich ein von architektonischen Brüchen freies Neumarkt-Ensemble gewünscht haben. Der von Wörner & Partner entworfene Eingangsbau zur innen gelegenen Passage samt seinem Glasdach-bekrönten Nachbarn hatte seinerzeit einen ersten Preis beim Architektenwettbewerb erlangt und war danach – anders als viele andere siegreiche Wettbewerbsbeiträge – ohne weitere Modifikationen umgesetzt worden.

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Ich empfinde den sandsteinummantelten Passageneingang als zu monumental und damit als zu dominant an dieser Stelle. Ausgesprochen gut gefällt mir hingegen die Materialwahl, die Farbigkeit der Natursteinverkleidung stellt eine hervorragende Verbindung zum Design der rechts und links gelegenen Nachbargebäude her. Der Kontrast ist somit ein reiner Formkontrast, das Gebäude wird trotz seiner Dominanz auf – wenn schon nicht optimale, so doch erträgliche – Weise in die Abfolge der zur Frauenkirche gelegenen Fassaden integriert.

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