Schlechte Informationspolitik

Was mich bei vielen sensiblen Bauvorhaben im Dresdner Zentrum stört, ist die allgemein schlechte Informationspolitik im Vorfeld seitens der Bauherren und der Stadtplanung, bei der ich mich immer wieder frage, ob sie eher unbewusst oder ganz bewusst geschieht. Denn wenn man einmal von den Dauerstreitobjekten wie Neumarkt und Waldschlösschenbrücke absieht, die fast täglich im Brennpunkt des öffentlichen Interesses stehen, tauchen fast überall Fragezeichen auf, wo es um Neu- und Umbauvorhaben im Dresdner Zentrum geht.

Wer wusste z.B. vor Sanierungsbeginn, wie die alten Plattenbauzeilen an der St. Petersburger Straße (”Carolinum”) nach der nunmehr fast abgeschlossenen Sanierung aussehen würden? Außer einigen Zahlen und allgemeinen Infos zu Investitionssumme, voraussichtlicher Dauer der Baumaßnahme etc. war seitens der WOBA nicht viel zu erfahren. Ein anderes Beispiel: Ich bemühe mich seit vielen Wochen erfolglos darum, aussagekräftige Visualisierungen über die zu sanierende Plattenzeile an der Prager Straße zu erhalten – schließlich handelt es sich hier um ein Bauwerk von geradezu monumentalen Dimensionen, welches unübersehbare Akzente im Stadtbild setzen wird. Zwar haben die beauftragten Architekten Knerer & Lang einige Visualisierungen auf ihrer website hinterlegt, auf Nachfrage wurde mir jedoch mitgeteilt, dass eine anderweitige Veröffentlichung dieser Grafiken aufgrund der restriktiven Informationspolitik des Bauherren nicht erwünscht sei. Die WOBA wiederum teilte auf Anfrage mit, dass noch keine Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Objekt initiiert sei.

Nehmen wir als weiteren Fall die neue Zentralhaltestelle der Verkehrsbetriebe am Postplatz. Mehr als einige mickrige, jämmerlich schwach aufgelöste Modellfotos waren auf der Homepage der Landeshauptstadt Dresden im Vorfeld der Realisierung nicht zu finden – und das obwohl die Stadtplanung ausdrücklich damit wirbt, nicht realisierte städtebauliche Projekte mittels 3D-Modell aussagekräftig visualisieren zu können.

Mein Eindruck ist, dass die Angst von Bauherren und Stadtplanern aufgrund der Streiterfahrungen z.B. bei Neumarkt und Waldschlösschenbrücke mittlerweile so groß ist, dass aussagekräftige Visualisierungen bewusst zurückgehalten werden und – wenn überhaupt – nur an dezentralen, wenig bekannten Ausstellungsorten aus- oder zur Einsicht bereitgestellt werden. Hinzu kommt, dass Visualisierungen häufig so reduziert oder vergröbert angefertigt werden, dass eine realistische Einschätzung der künftigen Wirkung im Stadtbild kaum möglich ist. Wo z.B. gibt es eine Visualisierung des künftigen Altmarktes aus der z.B. die Materialwirkung des künftigen Bodenbelages ersichtlich würde?

Freilich gibt es auch löbliche Ausnahmen, wo Bauherren und/oder Architekturbüros schnell und unkompliziert die erbetenen Infos bereitstellen – so oder so ist aber in den meisten Fällen ein erheblicher Recherche-Aufwand vonnöten, um einen tieferen Einblick in die geplanten Projekte zu erhalten.

Ein weiteres, hochaktuelles Beispiel ist der Wilsdruffer Kubus. Ein öffentlicher Aufschrei der Empörung nach dessen Fertigstellung ist schon jetzt so gut wie sicher. Denn direkt gegenüber vom Zwinger wird ein austauschbares, gestalterisch völlig unambitioniertes Büroensemble entstehen, über das man sich in Dresden vermutlich genauso empören wird wie seinerzeit über das gläserne “Schmetterlingsdach” der Zentralhaltestelle – wobei letzteres wenigstens noch eine gewisses Maß an gestalterischer Innovation aufwies (wenn auch leicht deplatziert wirkend). Zurzeit ist eine Visualisierung des Wilsdruffer Kubus im Umlauf, die mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet:

wkubus.jpg

Was ist z.B. aus der sandsteinernen Gebäudehülle geworden, die der “angenehm richtungslosen” Fassade (so die Jury) im Ursprungsentwurf wenigstens einen Hauch von Wärme verlieh? Wird der Bau nun in einem gebrochenen Weiß realisiert, oder wird er gar hellgrau gestrichen? Wie darf man sich die Wirkung dieses kantigen Gebäudes von der Wilsdruffer Straße blickend vorstellen? Fragen über Fragen. Als ich gestern von Dresden-Kenner Thomas Kantschew (Das Neue Dresden) auf die nicht-prämierten Entwürfe des Dresdner Architekturbüros Rohdecan hingewiesen wurde, versank ich abermals in tiefer Ratlosigkeit: Diese Entwürfe zeigen einen zwar ebenfalls recht streng wirkenden, insgesamt jedoch wesentlich detailfreudiger gestalteten – und damit m.E. besser in das künftige Postplatz-Ensemble passenden – Gebäudekomplex:

wk_rohdecan2.jpg

wk_rohdecan1.jpg

Warum setzt man direkt neben das ornamentale Feuerwerk des Zwingers bewusst den detailärmsten aller eingereichten Entwürfe? Warum wird die Geschichte dieses Ortes, die immer auch eine Geschichte des Ornaments war, so bewusst negiert? Ich behaupte, dass selbst ein sanierter und in den Originalzustand zurückversetzter “Fresswürfel” mehr gestalterische Kraft gehabt hätte als die wortgewaltig prämierte Langeweile dieses Kubus. Und ich bin mir eigentlich fast sicher, dass die Herren in der Stadtplanung und den Wettbewerbsjuries genau wissen, dass sie mit derartigen Wettbewerbsentscheidungen zwar die von ihnen gelernten und an den Universitäten treu konservierten Bauhaus-Dogmen bewahren, letztlich aber ein ums andere Mal einer Architektur den Weg bahnen, die von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird. Und genau das hat der Postplatz als einer der wichtigsten innerstädtischen, öffentlichen Plätze Dresdens nicht verdient.

Gewiss, je mehr Information über ein Projekt an die Öffentlichkeit gerät, umso mehr Diskussion ist dem Projekt sicher. Und Diskussionen machen die Realisierung eines Projekts – gerade in Dresden – nicht immer leichter. Doch wir haben es im Fall der Dresdner Innenstadt mit einer der ehemals kostbarsten und kulturell reichsten Stadtzentren Deutschlands zu tun, die nach wie vor in weiten Teilen brach liegt und auf eine Neuausformung wartet. Nachdem die städtebaulichen Weichen für die Innenstadt längst gestellt sind und nicht mehr debattiert werden müssen – das trifft z.B. auf den Bebauungsplan für den Postplatz nach Joachim Schürmann zu – haben es die einzelnen Bauvorhaben durchaus verdient, in der Öffentlichkeit detailliert und aussagekräftig vorgestellt und diskutiert zu werden.

Ich möchte alle Leser, die mit der Vorab-Informationspolitik seitens Stadtplanung und Bauherren (z.B. WOBA, TLG) nicht einverstanden sind, sehr darum bitten, diesen Beitrag zahlreich zu kommentieren. Ich werde ihn dann an die Ansprechpartner für Öffentlichkeitsarbeit in den entsprechenden Büros bzw. Ämtern weiterleiten.

Bildnachweis (v.o.n.u.): TLG Immobilien, Rohdecan Architekten

11 Responses to “Schlechte Informationspolitik”

  1. marc
    April 20th, 2007 21:04
    1

    Dem stimme ich zu.
    Zitat:
    Und ich bin mir eigentlich fast sicher, dass die Herren in der Stadtplanung und den Wettbewerbsjuries genau wissen, dass sie mit derartigen Wettbewerbsentscheidungen zwar die von ihnen gelernten und an den Universitäten treu konservierten Bauhaus-Dogmen bewahren, letztlich aber ein ums andere Mal einer Architektur den Weg bahnen, die von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt wird. Und genau das hat der Postplatz als einer der wichtigsten innerstädtischen, öffentlichen Plätze Dresdens nicht verdient…

    Besser kann man es nicht ausdruecken.
    Deutsche Staedte werden weiter mit belanglosen Haushaufen verunstaltet, welche den Dogmen einer laengst ueberholten Bauhaus-Moderne huldigen.

    In Frankreich oder Russland waere so ein banaler Entwurf in unmittelbarer Naehe letzter Reste ehemaliger Kulturleistungen ein Skandal.
    Unter den Talaren der Muff von 80 Bauhaus Jahren. Was ist denn der unique selling point Dresdens? Ein paar formenreduzierte rechteckige Hauskaesten inmitten historischer Restbebauung? So etwas gibtt es nur in Deutschland. Zeitgemaesses Bauen heisst im benachbarten Ausland, vor allenm Frankreich, Spanien, Polen oder Russland seit langem wieder: Mut zu Aesthetik und Tradition. Alt Modernismus ist dort ein Stil unter vielen und seit langem UNMODERN.

  2. Christian
    April 21st, 2007 20:37
    2

    Es ist erschreckend zu sehen, wie nach dem Wiener Platz ein weiterer Dresdner Platz im angeblich modernen Architektureinerlei versinkt. Niemand erwartet am Postplatz einen zweiten Neumarkt mit rekonstruierten Fassaden. Ein wenig mehr als der geplante strenge Kubus, der nicht nur „richtungslos“ (Zitat der Jury zum Siegerentwurf) in die Sackgasse der ständigen Wiederkehr der Bauhausmoderne abrutscht, sondern rücksichtslos gegenüber der hohen Qualität eines Zwingers in direkter Nachbarschaft ist, sollte doch möglich sein! Nein, die Stadtverwaltung hält es noch nicht einmal nötig, der Öffentlichkeit aussagekräftige Visualisierungen des Siegerentwurfes zu präsentieren. Die enorme Kubatur mit der vernünftigen Verengung der Wilsdruffer Straße wird erst in vom Architekturbüro „rohdecan“ veröffentlichten Darstellungen sichtbar. Umso erschreckender, wie banal doch der Siegerentwurf geraten ist und dabei jedes gestalterische Element vermissen lässt. War doch der „Fresswürfel“ für mich jahrelang eine Bausünde ungeheuren Ausmaßes, so wirkt dieser angesichts der aktuellen Planungen des „Wilsdruffer Kubus“ geradezu detaillreich und durchdacht. Der nicht prämierte Entwurf von „rohdecan“ harmoniert trotz seiner Strenge, aber aufgrund seiner vorsichtigen Aufwertung der Fassade in Form von Ballustraden und hervorspringenden Fassadenelementen mit der umgebenden Bebauung. Selbstbewusst, aber sich nicht überordnend vermittelt er zwischen der Bebauung der Wilsdruffer Straße und dem ornamentalen Zwinger. Eine solch qualitätvolle durchdachte Architektur durch „rohdecan“, die sich abseits vom Einheitsbrei bewegt, zeigt ein hohes Niveau, das man vereinzelt aus der Bundeshauptstadt her kennt (z.B. Delbrück Haus am Potsdamer Platz, Kollhoff und Timmermann). Der Berliner Bausenator Hans Stimmann hat(te) die Zeichen der Zeit erkannt – das Dresdner Stadtplanungsamt verschläft in seiner Provinzialität den Anspruch, Dresden einer fortschrittlichen Stadt gerecht zu werden.

    Die konsequente unzureichende Informationspolitik bezüglich der neuen Postplatzhaltestelle im Vorfeld der Bauarbeiten mit seinen kühlen Polyonen hat zu einem enormen Aufschrei in der Bevölkerung geführt, nachdem das Resultat für jederman sichtbar war. Der Stadtverwaltung argumentiert, man hätte sich im Vorfeld über die Situation im Technischen Rathaus informieren und seine Meinung mitteilen können. Eine faire Öffentlichkeitspolitik wäre aber meineserachtens gewesen, die Pläne und auch hier aussagekräftige (!) Visualisierungen (d.h. keine kleine detaillarme Bildchen bzw. nicht lesbare Bebauungspläne auf der Dresden-Homepage) in die öffentliche Diskussion zu bringen (Lokalzeitungen, Internet, Infozentrale vor Ort) und nicht bewusst (?) im Hinterzimmer des Technischen Rathauses auf Bürgermeinungen zu warten. Hatte das Stadtplanungsamt etwa Angst vor dem Bürgerwillen? Basisdemokratie ist eben nur erwünscht, wenn es ins politische Konzept passt (Waldschlösschenbrücke), aber nicht wenn es darum geht, dass die Bürger bei der Gestaltung ihrer Stadt mitbestimmen wollen (Bürgerbegehren Neumarkt).

  3. Thomas Filip
    April 21st, 2007 20:51
    3

    Folgender Diskussionsbeitrag wurde per eMail von TourDresden-Leser “BautzenFan” eingereicht:

    “Mit der politischen Wende in der ehemaligen DDR schien eine gesellschaftliche Ordnung erkämpft worden zu sein, die in ihrem Selbstverständnis elementar auf DEMOKRATIE fußt. Demokratie in Bezug auf kommunale Belange heißt für mich, dass die Bürger nicht zuletzt dort ein demokratisches Mitspracherecht haben, wo seitens der Politik (im konkreten Fall also seitens des Baubürgermeisters) Entscheidungen für die bauliche Entwicklung der Stadt gefällt werden.
    Angesichts der vielen neuen Bausünden im Dresdner Stadtzentrum und vor allem der Art und Weise, wie solche Bauten genehmigungsrechtlich möglich wurden – nämlich durch gewollte Beförderung seitens der Stadtpolitiker, muss ich mit zunehmender Verbitterung konstatieren, dass die Bürger heute nicht wesentlich mehr Einfluss darauf haben, wie ihre Städte aussehen. Die politischen Akteure und ihre Phraseologie wurden ausgetauscht – die Arroganz der Macht, mit der hier wissentlich gegen die Wünsche der Bürgermehrheit regiert und entschieden wird, ist offenbar geblieben. Auch die DDR-Obrigkeit agierte mit der inbrünstigen Überzeugung: Wir wissen schon am besten, was für Euch gut ist.
    Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich mal den Abriss des Fresswürfels “bedauere”. Das war für mich immer der Inbegriff grottenhässlicher Architektur, eine Art von baulicher Satire neben dem Zwinger, die man in diesem Qualitätskontrast nicht toppen kann – Wie kleingläubig. Gegen das, was hier als Ersatz entstehen soll, war der Fresswürfel fast schon eine gestalterische Meisterleistung.
    Herr Feßenmayr, es reicht. Mein Aufruf an alle Dresdner: Lasst Euch das nicht länger gefallen. Es ist Eure Stadt.”

  4. prat
    April 22nd, 2007 07:53
    4

    Für die zurückhaltende Informationspolitik von Seiten der Investoren habe ich ja noch ansatzweise Verständnis - nicht jedoch für die erschreckende Banalität und Austauschbarkeit der Entwürfe, die jegliche Bezugnahme auf die Umgebung und deren spezielle Bautraditionen vermissen lassen. Die im Dresdner Zentrum neu entstandenen “modernen” Bauten tragen in keinster Weise dazu bei, die Innenstadt aufzuwerten, sondern wirken wie belanglose Fremdkörper. Daß es auch anders geht, beweisen beispielsweise die überaus gelungenen Neubauten in der Umgebung des Blauen Wunders, die sowohl durch innovative Formgebung als auch durch warme Materialien und gelungene Farbauswahl überzeugen. Weshalb ist dies nicht auch im Zentrum möglich? Vielleicht, weil in Vororten keine “Stararchitekten” am Werk sind… ?

  5. Thomas Kantschew
    April 23rd, 2007 08:51
    5

    Die aktuelle Informationspolitik der Stadt Dresden könnte bestimmt optimiert werden. Da wäre in erster Linie der ungünstige Standort des Technischen Rathauses auf der Hamburger Straße, weit vom Stadtzentrum in der hinteren Friedrichstadt gelegen. Dort werden gewöhnlich die meisten Bauprojekte in kleinen Ausstellungen mit Plänen und Visualisierungen vorgestellt. Kaum ein Dresdner verirrt sich jedoch in diese Gegend.
    Zuweilen werden herausragende Projekte im Lichthof des Rathauses präsentiert, wie z.B. neulich zu Innerstädtische Wohnbauvorhaben/ Townhouses. Auch das große (veraltete) Stadtmodell steht hier mit seinen hypertrophen unrealisierbaren Visionen aus den 1990ern. Es müsste dringend überarbeitet werden.
    Das Technische Rathaus sollte einst in einen großen Neubau an den Ferdinandplatz umziehen. Hier zwischen Rathaus und Prager Straße wäre ein zentraler Ort für Architekturdiskussion und Bürgerbeteiligung gewesen. Die Pläne zerschlugen sich. Eine große Brache liegt noch immer vor dem wichtigsten Gebäude der Kommune.

    Ein anderer Ort über Architektur zu sprechen ist das Haus der Architekten auf der Goetheallee. Auch hier verirrt sich kaum ein Normalsterblicher Dresdner hin um die oftmals hervorragenden Ausstellungen zu sehen bzw. an den öffentlichen Diskussionen teilzunehmen. Der Standort ist viel zu weit draußen.

    Da wäre noch die Architekturbuchhandlung Weißlack auf der Louisenstraße, ein Hoffnungsschimmer für zeitgenössische Architekturvermittlung – allerdings auch nicht im Zentrum, sondern abseits in der Neustadt gelegen.
    In der Stadtmitte jedoch – da wo das brennende Diskutieren über die zukünftige Gestalt Dresdens hingehört – gibt es neben dem temporär genutzten Rathaus keinen Ort, wo Planer, Architekten, Stadtverwaltung und BürgerInnen permanent zusammen kommen können, um demokratisch über eines der wichtigsten und leidenschaftlichsten Themen Dresdens zu debattieren – über Architektur. Es sollte darüber nachgedacht werden, solch einen Ort des Diskurses zu schaffen. Vielleicht wäre der Postplatz dafür ein geeigneter Ort. Hier könnte man ein Dresdner Architektur Zentrum errichten, wo Wettbewerbe ganz zentral präsentiert und besprochen werden, wo junge Dresdner Architekturbüros ihre Arbeit vorstellen können oder wo über Kunst im Öffentlichen Raum bzw. über die Nutzung öffentlichen Raumes überhaupt gesprochen wird. Die Dresdner Architektenschaft sollte gemeinsam mit der Dresdner Bauverwaltung und Investoren solch ein Architekturzentrum anstreben. In vielen deutschen Städten gibt es so etwas bereits. Der Austausch über Architektur gehört ins Zentrum unseres Gemeinswesens – nicht an den Rand!

  6. Woldrich
    April 23rd, 2007 15:54
    6

    Vielen Dank für diesen Beitrag, der endlich einmal ein Problem aufgreift, das sicher viele Dresdner bewegt. Bei Bauprojekten im Zentrum der Stadt ist es schlicht nicht hinnehmbar, daß die Diskussion hierüber bereits dadurch im Keim erstickt wird, daß man sich bei der Offenlegung der Pläne auf das gesetzlich geregelte Mindestmaß beschränkt und sich nach der Realisierung und dem darauf folgenden Aufschrei auf die Position zurückzieht, man habe alle notwendigen Informationen bereitgehalten, nur leider habe sich niemand hierfür interessiert. Wie auch!? Welcher Normalbürger liest schon irgenwelche staubtrockenen Veröffentlichungen und schaut sich Pläne oder Modelle an, die allenfalls bei Fachleuten eine konkrete Vorstellung von der späteren Wirkung des hervorrufen? Wer hat neben Arbeit und Familie noch Zeit, während der Amtsöffnungszeiten an einen abgelegenen Ort zu fahren, um sich dort über ein Bauvorhaben zu informieren? Kaum jemand, fürchte ich! Daß sich die Dresdner aber sehr wohl dafür interessieren, was in ihrer Stadt gebaut wird, belegen die Reaktionen auf bereits abgeschlossene Projekte. Es gilt also, ihnen vorab anschauliches und verständliches Informationsmaterial auf einem für jedermann leicht zugänglichen Weg zur Verfügung zu stellen. Einige denkbare “Vertriebswege” wurden von Christian bereits aufgeführt.

    Ich selbst bin übrigens auch erst durch einen früheren Beitrag in Ihrem Blog auf die Kubus-Pläne aufmerksam geworden. Ich habe sodann einige Bekannte auf Ihre Seite hingewiesen. Das Feedback war einstimmig: Keiner hatte zuvor auch nur ansatzweise eine Vorstellungen davon, was als Ersatz des Fresswürfels entstehen soll. Vielmehr hatten sich bislang alle gefragt, ob der denn nun überhaupt mal abgerissen werden soll. Die Gestaltung stieß durchweg auf Unverständnis.

    Ihr Anliegen, die Stadtverwaltung zu mehr Offenheit und Kritikfähigkeit zu bewegen, findet daher meine volle Zustimmung.

  7. Thomas Filip
    April 24th, 2007 07:33
    7

    Folgende Zuschrift kam per eMail von Robert M. aus Dresden:

    “Während die Verengung der Wilsdruffer Straße eine zwar erfreuliche, aber überfällige Entwicklung ist, fällt es ausgesprochen schwer, etwas Gutes über den ‘Wilsdruffer Kubus’ zu schreiben. So mutet selbst die neue Postplatzhaltestelle daneben wie ein Kunstwerk an, denn wenigstens steckt hinter dem ‘Schmetterlingsdach’ eine Idee. Der ‘Wilsdruffer Kubus’ dagegen ist ein banaler Klotz, der dem Auge gar nichts bietet. Keine Ideen, keine Details, einfach gar nichts. So ist immerhin der Entwurf des Architekturbüros Rohdecan deutlich passender, da er mit nur wenigen Mitteln viel mehr bewirkt als der Siegerentwurf. Es handelt sich bei diesem auch nicht um ’starke Architektur’, sondern um einen blassen Entwurf, der neben dem Schauspielhaus und insbesondere neben dem Zwinger völlig untergehen und nur noch stören würde. Es bleibt also fraglich, wozu ein so krasser Gegensatz gesetzt werden soll. Es sind diese ständigen Streufeuer, die verhindern, dass Dresden wieder mehr als nur ein Schatten des einstigen Gesamtkunstwerks wird. Bange wird mir auch, wenn ich an die geplante Bebauung der Gewandhausfläche auf dem Neumarkt denke, die den Platz in drei Teile zerlegen und einen Gegenpol zur Frauenkirchen darstellen würde. Hoffen wir, dass die Stadt ihre Informationspolitik ändert - und auch ihre Einstellung.”

  8. Bert
    April 24th, 2007 17:20
    8

    Auch ich bin immer wieder fassungslos, wie wenig die Öffentlichkeit in Bezug auf Bauprojekte und -vorhaben informiert wird. Nehmen wir nur die die Informationspolitik um die Gestaltung des Gewandhausareals. Ich bin sehr gespannt, inwieweit hier der Informationsfluss nach erfolgtem Wettbewerb überhaupt in Gang kommen wird.
    Auch ein gutes Beispiel für “vollendete Tatsachen” ist die Fluchttreppe am Landhaus, welche nicht nur bei den Dresdnern, sondern auch bei vielen Touristen nur ungläubiges Kopfschütteln hervorruft.
    Hoffen wir, dass die Stadt umdenkt und die Bürger - so wie es eigentlich Ihre Pflicht ist - zukünftig etwas großzügiger mit Informationen über Projekte und Planungen im sensiblen Kern der Stadt informiert. Dies soll nicht bedeuten, dass über jede Straßenlaterne beratschlagt werden soll, aber gerade stadtbildende Gebäude wie der o.g. “Wilsdruffer Kubus” erfordern eine verbesserte Versorgung mit Informationen.

  9. Martin Jungwirth
    May 2nd, 2007 12:58
    9

    Da ich selbst schon unzählige Beiträge zu diesem Thema verfasst, und auch an die Verantwortlichen im Stadtrat weitergeleitet habe, möchte ich mich hier nun kurz fassen. Ich unterstreiche jeden Satz Deines umfassenden Beitrages, auch wenn ich inzwischen nicht mehr mit einer Wirkung auf die von Sturheit und Arroganz geprägten Verantwortlichen rechne. Trotzdem viel Erfolg - Dresden hätte es verdient.

  10. gruttepier
    May 2nd, 2007 18:48
    10

    Trotz der Zerstörung hat Dresden auch im Ausland noch immer eine große Ausstrahlung, ich bin selber Niederländer und immer wieder sind Landsmänner die Dresden besucht haben voller Begeisterung über die Wiederaufbau.Dresden ist kein Rotterdam hört man öfters.Rotterdam ist bekanntlich nach seine Zerstörung völlig modernistisch wiederaufgebaut worden.
    Die meisten haben aber nur die Vorzeigeprojekte wie Frauenkirche und das Neumarktgebiet gesehen
    und ich bin mir sicher das eine Welle der Empörung aufsteigen würde wenn man z.B.wußte was alles in nächster Nähe von Weltberühmte Gebäude
    wie der Zwinger gebaut werden soll.
    Man soll doch endlich mal in Dresden einsehen (vor allem im Rathaus)WAS Dresden so Einmalig macht das man in alle Welt so bewundert.Jetzt hat man die einmalige Chance die Altstadt etwas von seinem alten Glanz zurück zu geben.
    Manchmal befürchte ich das was die Bomben nicht gelungen ist, nämlich die Zerstörung der Mythos Dresden, die modernistische Stadtplaner und ihre befürworter gelingen wird.

  11. Peter
    May 7th, 2007 14:38
    11

    Ich bin überrascht, dass Rohdecan ein dermassen gutes Gebäude vorgelegt hatte. Mit dem anderen Ungetüm gar nicht zu vergleichen.

    Die Formensprache gefällt mir gut, das passt sich nämlich recht gut dem historischen Areal an: endlcih einmal ein Gebäude mit Relief, besonders schön die Ballustrade oben. Die Fenster sind etwas zu gross, typisch Modernistenlobby, die glauben, es sei erstrebenswert die Leute in überhitzten Wohnungen im Sommer in der Wohnung braten zu lassen.

    Das einzige Problem was ich hier noch sehen würde, wäre, dass das Gebäude etwas zu gross ist. Stand denn wirklich vor Feb. 1945 hier ein Gebäude?

    Mein Vorschlag: Dieses Gebäude dorthin, wo bis 1945 (bzw. bis in die 1960er) das Telegraphenamt am Postplatz stand. Das Gebäude erinnert ein bischen an Kolhoff und ist endlich einmal wirklcih ansatzweise modern, da es “verbotene” architektonische Formen wie bwsp. Ballustraden, Gesimse etc. benutzt.

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