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Dresden preist seine Brachen an

Tuesday, October 09th, 2007 10:37pm

Und wieder einmal ist es soweit: Auf der Expo Real in München, einer internationalen Fachmesse für Gewerbeimmobilien, preist Dresden einmal mehr seine innerstädtische Brachflächen an. Lag im letzten Jahr der Schwerpunkt v.a. auf dem Neumarkt, rückt in diesem Jahr zusätzlich der Postplatz ins Rampenlicht. „Wir haben uns für ein neues Konzept entschieden und sind in der Messehalle unmittelbar neben großen Unternehmen wie ECE, Patrizia und Multi Development platziert”, berichtet Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) stolz. “Sie alle haben bereits in Dresden investiert”, fügt er erfreut hinzu – und es sollen noch mehr davon werden.

Weiter also mit dem Verkauf weiträumiger Grundstücke in Dresdens Innenstadt an potente Großinvestoren, die die Innenstadt zunehmend in eine bedenkliche Zukunft führen: Gruppiert um die sorgsam restaurierten historischen Überreste Dresdens soll künftig noch mehr in banalen Abschreibungsarchitekturen geshoppt, in Büros gearbeitet, in die Kneipe gegangen und in Hotels übernachtet werden. Alles unter der Dachmarke der Kunst- und Barockstadt Dresden. Doch wer fühlt sich verpflichtet, das Erbe dieser Stadt auf würdige Weise zu verwalten? Wer investiert langfristig in Werte, statt kurzfristig auf Profit zu schielen?

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Nachdem die Zentralhaltestelle der Verkehrsbetriebe fertiggestellt, die Platzfläche umgestaltet, die neue Beleuchtung installiert, der “Fresswürfel” abgerissen und der Bau des “Wilsdruffer Kubus” begonnen ist, sieht man offenbar die Zeit gekommen, die Entwicklung des Postplatzes mit Nachdruck voranzutreiben. Gemessen an dem bisher Erreichten ist es allerdings fraglich, ob man sich darüber wirklich freuen kann.

Der “Wilsdruffer Kubus” (siehe Abb. oben und ganz unten) verdrängt zwar einen alten Schandfleck und gibt einem der zu Vorkriegszeiten belebtesten Plätze Dresdens einen Hauch von Urbanität zurück – eine Bereicherung für das Stadtbild wird er jedoch mit Sicherheit nicht werden, und so wundert es nicht, dass das Gebäude, noch bevor überhaupt der Hochbau begonnen hat, schon jetzt reichlich angefochten wird. Selbst die in städtebaulichen Fragen ansonsten weitherzige Sächsische Zeitung bemerkte jüngst spöttisch in einem Kommentar: “Uniforme Büroklötze werden nicht attraktiver, wenn man sie Kubus tauft; eine Hotel in Riegelform [gemeint ist der “Advanta”-Riegel am Postplatz] ist auch noch kein Knaller, der weltweit für Aufsehen sorgt. Das besorgen zurzeit vor allem Bauten, die vor 200 und mehr Jahren als avantgardistisch galten. Irgendwie ist es hohe Zeit, den Leistungen unserer Ahnen mit etwas Ebenbürtigem Respekt zu zollen.”

Woher derzeit ein Impuls kommen sollte, die architektonischen und städtebaulichen Geschicke am Postplatz in eine andere Richtung zu lenken, bleibt fraglich. Das Grundkonzept Schürmanns, eine Abfolge kleinerer, asymmetrischer Plätzräume zu schaffen, die in den großen Platzraum des Postplatzes hineinmünden, wird auf diese Weise jedenfalls nicht mit Leben gefüllt. Ob es also ein Gewinn für die Stadt ist, wenn auf der Expo Real neue Verträge für Großinvestitionen unterschrieben werden, muss derzeit bezweifelt werden.

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Bildnachweis: TLG Immobilien