Dresden preist seine Brachen an

Und wieder einmal ist es soweit: Auf der Expo Real in München, einer internationalen Fachmesse für Gewerbeimmobilien, preist Dresden einmal mehr seine innerstädtische Brachflächen an. Lag im letzten Jahr der Schwerpunkt v.a. auf dem Neumarkt, rückt in diesem Jahr zusätzlich der Postplatz ins Rampenlicht. „Wir haben uns für ein neues Konzept entschieden und sind in der Messehalle unmittelbar neben großen Unternehmen wie ECE, Patrizia und Multi Development platziert”, berichtet Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) stolz. “Sie alle haben bereits in Dresden investiert”, fügt er erfreut hinzu – und es sollen noch mehr davon werden.

Weiter also mit dem Verkauf weiträumiger Grundstücke in Dresdens Innenstadt an potente Großinvestoren, die die Innenstadt zunehmend in eine bedenkliche Zukunft führen: Gruppiert um die sorgsam restaurierten historischen Überreste Dresdens soll künftig noch mehr in banalen Abschreibungsarchitekturen geshoppt, in Büros gearbeitet, in die Kneipe gegangen und in Hotels übernachtet werden. Alles unter der Dachmarke der Kunst- und Barockstadt Dresden. Doch wer fühlt sich verpflichtet, das Erbe dieser Stadt auf würdige Weise zu verwalten? Wer investiert langfristig in Werte, statt kurzfristig auf Profit zu schielen?

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Nachdem die Zentralhaltestelle der Verkehrsbetriebe fertiggestellt, die Platzfläche umgestaltet, die neue Beleuchtung installiert, der “Fresswürfel” abgerissen und der Bau des “Wilsdruffer Kubus” begonnen ist, sieht man offenbar die Zeit gekommen, die Entwicklung des Postplatzes mit Nachdruck voranzutreiben. Gemessen an dem bisher Erreichten ist es allerdings fraglich, ob man sich darüber wirklich freuen kann.

Der “Wilsdruffer Kubus” (siehe Abb. oben und ganz unten) verdrängt zwar einen alten Schandfleck und gibt einem der zu Vorkriegszeiten belebtesten Plätze Dresdens einen Hauch von Urbanität zurück – eine Bereicherung für das Stadtbild wird er jedoch mit Sicherheit nicht werden, und so wundert es nicht, dass das Gebäude, noch bevor überhaupt der Hochbau begonnen hat, schon jetzt reichlich angefochten wird. Selbst die in städtebaulichen Fragen ansonsten weitherzige Sächsische Zeitung bemerkte jüngst spöttisch in einem Kommentar: “Uniforme Büroklötze werden nicht attraktiver, wenn man sie Kubus tauft; eine Hotel in Riegelform [gemeint ist der “Advanta”-Riegel am Postplatz] ist auch noch kein Knaller, der weltweit für Aufsehen sorgt. Das besorgen zurzeit vor allem Bauten, die vor 200 und mehr Jahren als avantgardistisch galten. Irgendwie ist es hohe Zeit, den Leistungen unserer Ahnen mit etwas Ebenbürtigem Respekt zu zollen.”

Woher derzeit ein Impuls kommen sollte, die architektonischen und städtebaulichen Geschicke am Postplatz in eine andere Richtung zu lenken, bleibt fraglich. Das Grundkonzept Schürmanns, eine Abfolge kleinerer, asymmetrischer Plätzräume zu schaffen, die in den großen Platzraum des Postplatzes hineinmünden, wird auf diese Weise jedenfalls nicht mit Leben gefüllt. Ob es also ein Gewinn für die Stadt ist, wenn auf der Expo Real neue Verträge für Großinvestitionen unterschrieben werden, muss derzeit bezweifelt werden.

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Bildnachweis: TLG Immobilien

4 Responses to “Dresden preist seine Brachen an”

  1. Peter
    October 17th, 2007 18:12
    1

    Das Gebäude wirkt eigentlich, aus der Nähe betrachtet, weniger schlimm als ich dachte. Es sieht nach Stein aus, anstatt nach Beton, es hat Relief, anstatt nackter, kahler Fassade (wenn auch nur wenig Relief, aber immerhin). Und: es hat keine überdimensionierten Glasflächen, die so gerne von den ideologischen Funktionalisten verwendet werden. Das Gebäude selber finde ich nicht so dramatisch.

    PROBLEM: ich kann es mir zwar am Postplatz nicht vorstellen,befürchte aber dass es den Übergang Wilsdruffer/Postplatz sprengt. ALlein durch seine Ausmaße, das Ding ist viel zu gross, zu plump, für den Ort überdimensioniert. Falls ihr wisst, wo das Telegraphenamt stand am Postplatz: Auf der Südseite, etwa Einmündung Marienstrasse. Würde man genau das gleiche Gebäude, etwas kleiner (nämlich ungefähr in den Ausmaßen den ehem. Telegraphenamts) an der Südseite des Postplatzes errichten, fände ich das weniger problematisch. Möglicherweise fände ich sogar gut: denn der Postplatz hat auf der Südseite noch immer keinen Abschluss, und ich könnte wetten, hier würde es sich halbwegs gut einfügen, denn wenn ein Gebäude aus Naturstein ist statt Beton, und Relief hat, dann ist das für “moderne” Architektur viel wert. Würde man dann noch den Stil vom Rohdecan-Entwurf nehmen, wäre das sogar ein richtig gutes Gebäude.

    Aber offensichtlich haben weder Architekten noch Stadtplaner auch nur einen Funken Einfühlungsvermögen für das Stadtbild, von Investoren ganz zu schweigen. An der Südseite des Postplatzes, vom jetzigen Standort nur wenige Meter entfernt, wäre das Gebäude für den Investor genau so gewinnbringend, und für das Stadtbild verträglicher. Statt dessen knallen sie einen fetten Kubus genau dorthin, wo bereits ein Investorenriegel steht.

    Man könnte noch so viel schönes mit Dresden machen - aber Schönheit ist nicht gewollt. “Funktional”, heisst die Devise, dabei sind Hässlichkeit, Unsensibilität und Provokation keine sinnvollen Funktion. Sind wir von Blinden umgeben, die den Städtebau bestimmen? Ich fürchte ja.

  2. mannschu
    October 20th, 2007 12:26
    2

    @ Peter
    Was soll das denn? Irgendwelche Gebäude in Planspielen hin und her zu schieben ist in meinen Augen nicht die richtige Art und Weise ein Stadtbild neu zu inszenieren. Das haben schon Ulbricht und ein ehemaliger Staatsführer in Rumänien so gehalten. Was dabei entstanden ist wissen wir leider.
    Also fort von dieser Polemik! Der Plan für den Postplatz ist in meinen Augen nämlich sehr gut und sollte durch solche Beiträge nicht in Frage gestellt werden. Worüber wir also reden müssen ist die Architektur der einzelnen Bauwerke. Und die ist beim Kubus sicherlich nicht das Gelbe vom Ei, auch nicht am Pirni, am Altmarkt oder auf dem Naumarkt.

  3. prat
    October 29th, 2007 12:40
    3

    “Was soll das denn? Irgendwelche Gebäude in Planspielen hin und her zu schieben ist in meinen Augen nicht die richtige Art und Weise ein Stadtbild neu zu inszenieren. ”

    Ja, was soll das denn, dieser Kommentar zum Kommentar? Es geht hier um den Vorschlag, einen Neubau an anderer verträglicherer Stelle neu zu errichten, und nicht um das Versetzen eines bereits vorhandenen historischen Gebäudes. Wie man da auf Rumänien und Ulbricht kommen kann, ist mir schleierhaft.

    Was an der Planung für den Postplatz gut sein soll, ist mir auch nicht so klar. Irgendwelche gigantischen Baumassen in die Landschaft stellen, war vielleicht mal in den 70er Jahren en vogue, hat aber nichts mit der Entwicklung einer lebendigen Innenstadt zu tun. Hier sind kleinteilige Strukturen erforderlich, sonst entsteht bloß wieder ein toter und steriler Raum, wie wir ihn schon zur Genüge kennen.

    Nebenbei bemerkt - wie dieses “Kunstwerk” in Form eines Metallbügels am Postplatz 400.000 Euro kosten kann, ist mir eher unklar. Aber wir haben ja offensichtlich Geld bis zum Abwinken. Sparen, wozu?

  4. Ronny72
    May 16th, 2008 14:37
    4

    Schade um den Postplatz,so kann man auch Dresden das 2 mal zerstören,mehr kann ich dazu nicht sagen!!

    Ronny aus Dresden

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