Archive for August, 2006

Musterknabe VVK

Friday, August 18th, 2006 10:13am

Als ich heute morgen mit dem Fahrrad über den Neumarkt fuhr, blieb ich fasziniert an der Baustelle der VVK zu Dresden (Quartier II) stehen, wo soeben die ersten – ich betone modernen – Fassaden des Dresdner Architketen Dr. Walter Köckeritz enthüllt worden waren:

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Man muss anerkennen, dass alle Bauherren, die bislang am Neumarkt tätig geworden sind, viel Mühe und Aufwand investiert haben, um die rekonstruierten Fassaden der Neubauten durch qualitativ hochwertige, harmonisch sich einfügende, moderne Fassaden zu ergänzen. Weil dieser Weg in keiner kriegszerstörten deutschen Großstadt in vergleichbarer Weise bislang beschritten worden ist, weil dieser Weg sehr viel Feingefühl erfordert und zwangsläufig ein Weg des vorsichtigen sich-voran-Tastens ist, habe ich in den letzten Monaten immer wieder von Probeanstrichen, abweichender Materialwahl für Fassadenverkleidungen und verspielten Zierelementen an Balkonen berichtet. Wie durchweg Mühe-los sich die schlichten Fassaden von Herrn Köckeritz durch Verzicht auf jegliche modernistischen Experimente in das wieder entstehende Bild der engen Altstadtgassen einfügen, ist bemerkenswert und wird manchen Investor, der um mangelnde Authentizität seines Quartiers besorgt ist und nach überzeugenden, zeitgenössischen Wegen sucht, hoffentlich inspirieren.
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Q3: Quartier der Beliebigkeit

Monday, August 14th, 2006 2:02pm

“Juwel an der Frauenkirche” nennt die Baywobau das von ihr geplante Quartier III (Q3) am Neumarkt. Die Vorstellung der ersten Planungsergebnisse allerdings hatte im Mai d. J. eine heftige Auseinandersetzung vor allem um eine Glas-Stahl-Fassade der Dresdner Architekten Heike Böttcher provoziert, die im Rahmen eines Gutachtverfahrens prämiert worden war. Auf einer im Dresdner Rathaus geführten öffentlichen Podiumsdiskussion hatte der Investor – vertreten durch den innerlich etwas zerrissen wirkenden Bernd Dietze – dann angekündigt, diese und eine weitere strittige Fassade zurückzuziehen. Die Ergebnisse der Überarbeitung können nun auf der Homepage des Baywobau-Projektpartners Cosmo Immobilien GmbH begutachtet werden.

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Fassadenabwicklung Landhausstraße. Download als PDF

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Fassadenabwicklung An der Frauenkirche. Download als PDF

Die Fassadenabwicklungen veranschaulichen das Konzept des Investors, jeweils zwei bis drei ehemals voneinander getrennte Häuser zu einer neuen planerischen Einheit zusammenzufassen. Dabei schien der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Während man etwa beim Haus An der Frauenkirche 19 ein zusätzliches Geschoss einzwängte und so ein zwar an das barocke Vorbild lose angelehntes, aber historisch dennoch haltloses Fassaden- und Dachlandschaftsbild schuf, wurde im Falle von Neumarkt 4 die markante Neorenaissance-Fassade zur Landhausstraße willkürlich durch Spiegelung um 2 Achsen verlängert. Von Rekonstruktion kann so keine Rede mehr sein, was sich in der Planung des Hotel de Saxe bereits abzeichnete, wird hier in gesteigerter Form fortgesetzt: Die Fassade verkommt zusehends zur Attrappe, der funktionelle Zusammenhang zwischen den Außenhüllen und dem Inneren der Gebäude erscheint weitgehend aufgelöst – Wasser auf die Mühlen all jener, die den Neumarkt schon jetzt als “Disneyland” beschimpfen. So sollte es als Glücksfall gewertet werden, dass das Q3 durch den Entwurf von Wörner & Partner (An der Frauenkirche 22) auch eine qualitätvolle zeitgenössische Schauseite erhält – und damit an Bodenständigkeit und Überzeugungskraft gewinnt.

Immerhin: Das Q3 präsentiert sich zumindest zum Neumarkt hin kleinteilig und mit einer differenziert ausgebildeten Dachlandschaft, und trotz der genannten Mängel und Unschlüssigkeiten machen die straßenseitigen Fassadenabwicklungen einen insgesamt runden und stimmigen Eindruck – deutlich stimmiger etwa als die ersten Fassadenabwicklungen für die Töpferstraße (Quartier I). Eine Störung des Platzbildes ist also keinesfalls zu erwarten – ganz im Gegenteil. Dennoch bleibt das Konzept, 5 einzelne Häuser mit insgesamt 12 Fassaden zu versehen, äußerst fragwürdig, vermittelt es doch den Eindruck von Willkür und Beliebigkeit. Dieses Konzept dürfte kaum noch zu verhindern sein – so bleibt zu hoffen, dass die Baywobau zumindest aus ihren handwerklichen Fehlern beim Hotel de Saxe gelernt hat und diesmal auf Haustechnik-bekrönte Flachdächer verzichtet und uns die Peinlichkeit von mit Wärmedämmwolle isolierten Stuckfassaden erspart.

Töpferstraße 2: Verspielte Strenge

Monday, August 14th, 2006 12:00pm

Die Töpferstraße 2 hat ein geschwungenes, sehr verspieltes Balkongitter erhalten, das vom ursprünglichen Entwurf – dieser sah eine filigrane, schmiedeeiserne Ausführung vor – deutlich abweicht. Vielen wird diese Lösung nicht gefallen, dessen bin ich mir sicher. Ich persönlich empfinde die nun gefundene Lösung als einen angenehmen Gegenpol zu der geometrischen Strenge der Fassade. Moderne Häuser brauchen einfach viel mehr Heiterkeit! Schön, dass etwas davon in diesem kleinen Detail zum Ausdruck kommt.

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