Archive for the Category 'Verkehrsbauwerke'

Noch eine Runde Klagen?

Thursday, March 15th, 2007 12:04pm

Der Schock über das Urteil zum Bau der Waldschlößchenbrücke sitzt den Brückengegnern noch in den Knochen, da wird bereits zum nächsten juristischen Gegenangriff geblasen: Der Gang vor den Sächsischen Verfassungsgerichtshof soll den Bau des Monstrums doch noch stoppen. Entsprechende Vorbereitungen in einer Berliner Anwaltskanzlei laufen auf Hochtouren.

Inwieweit es gelingen wird, der völkerrechtlichen Dimension der Weltkulturerbe-Konventionen der UNESCO einen höheren Stellenwert zu verschaffen als der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene, bleibt aus meiner Sicht fraglich, wurde es doch bislang versäumt, Völkerrecht in entsprechendes Bundes- bzw. Landesrecht umzusetzen.

Ich persönlich bin immer noch fassungslos, wie leichtfertig die sächsische Landes- und Kommunalpolitik den nationalen Image-Schaden hinnimmt, den die Aberkennung des Weltkulturerbe-Status zwangsläufig mit sich bringen wird – ganz zu schweigen von den insgesamt 160 Millionen Euro, die in dieses Bauwerk fließen werden. Die Lobby des motorisierten Individualverkehrs ist über Leichen gegangen und rühmt sich dabei auch noch, Bürgerwillen umgesetzt zu haben. Das Wort “Bürgerwille” dürfte schon lange nicht mehr auf derart unerträgliche Weise missbraucht worden sein!

Hier noch ein paar jüngere Visualisierungen von der Homepage der Initiative “Elbwiesen erhalten”, welche die bevorstehende Verunstaltung insbesondere des rechten Elbufers durch die gewaltige Tunnelöffnung vor Augen führen:

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Die Waldschlösschenbrücke muss gebaut werden

Tuesday, March 13th, 2007 2:25pm

Der Kampf ist zu Ende: Die Waldschlösschenbrücke muss gebaut werden – so hat es in letzter Instanz das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen entschieden. Das Gericht entschied sich, das Demokratie-Prinzip höher zu bewerten als den drohenden Image-Verlust durch eine Aberkennung des Welterbe-Status.

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In der Pressemitteilung zum heute veröffentlichten Urteil heißt es dazu u.a.:

“Das Oberverwaltungsgericht weist darauf hin, dass bei dieser Sachlage dem auch auf kommunaler Ebene zu verwirklichenden Demokratieprinzip entscheidende Bedeutung zukomme. Die Bürger des Freistaates Sachsen hätten durch das Recht zum Bürgerentscheid in grundsätzlich allen Gemeindeangelegenheiten eine unmittelbare demokratische Entscheidungsbefugnis. Diese sei von überragender Bedeutung für die stetig neu zu lebende Demokratie. Vor dem Hintergrund der Erfahrung totalitärer Herrschaft, die den Bürger nicht als demokratisch Regierenden, sondern als autoritär Regierten behandelt habe, komme dem Bürgerentscheid als Akt unmittelbarer Demokratie eine entscheidende Bedeutung für die demokratische Rechtsordnung zu. Das Gericht habe diesem hohen Stellenwert der Entscheidung der Dresdner Bürger für den Bau der Brücke Rechnung zu tragen.”

Vor dem Urteil ziehe ich den Hut, vor den unverbesserlichen Kraftverkehrslobbyisten aus ADAC, FDP & CDU, die dieses Verfahren durchgepeitscht und damit ein kulturpolitisches Desaster auf nationaler Ebene heraufbeschworen haben, hingegen nicht. Das Dresdner Weltkulturerbe sieht düsteren Zeiten entgegen. Will die UNESCO sich nicht unglaubwürdig machen, muss sie den Welterbe-Titel entziehen. Die Konsequenz kann nur lauten, auf nationaler Gesetzgebungsebene dafür zu sorgen, dass sich derart Unerträgliches künftig nicht wiederholt.

Kompromiss am Waldschlößchen?

Thursday, December 07th, 2006 11:36am

Im Rahmen eines Architektenwettbewerbs um die Gestaltung der Waldschlößchenbrücke wurde 1997 vom Stuttgarter Büro Schlaich Bergermann und Partner ein Entwurf eingereicht, der sich in seiner Gestaltung deutlich an die Konstruktion des Blauen Wunders anlehnte. Der Entwurf wurde seinerzeit von der Landeshauptstadt angekauft.

Um die Bemühungen um die Entschärfung des Streits mit der Unesco (Androhung des Entzugs des Welterbe-Titels bei Bau der Brücke) zu unterstützen, beauftragte die Sächsische Zeitung das Büro SBP, den Entwurf von 1997 zu überarbeiten und neu in die Diskussion einzubringen.

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Herausgekommen ist ein noch leichter und filigraner wirkender Entwurf, der von Bürgermeister Lutz Vogel beim Treffen mit Unesco-Vertreten im Januar 2007 präsentiert werden soll und der bei einer Spontan-Umfrage der SZ von einer deutlichen Mehrheit der Leser als tragfähiger Kompromiss befürwortet wurde.

Inwieweit sich der Entwurf allerdings in die Tat umsetzen lässt, steht auf einem anderen Blatt, denn der Zeitverzug, den die Umplanung der Brücke mit sich bringen würde, brächte den tatsächlichen Baugbeginn bedenklich nahe an das Ende jener Frist, innerhalb derer der Bürgerentscheid pro Brücke von 2005 umgesetzt werden muss. Danach könnten neue Bürgerinitiativen – die rechtlichen Hürde dafür wurden erst kürzlich drastisch abgesenkt – das Projekt erneut blockieren.

Einfach nur die halbe Brücke bauen

Thursday, September 07th, 2006 4:42pm

Im Streit um die Waldschlösschenbrücke sind die Fronten verhärtet. Jetzt müssen’s wohl die Richter richten. Ein geradezu klassisches Exempel dafür, was in Dresden passiert, wenn “Modernisierer” und “Bewahrer” ungebremst aufeinander prallen, ohne die Bereitschaft, sich auch nur einen Millimeter aufeinander zu zu bewegen. Kompromissbereitschaft? Noch nie gehört. Hauptsache ich erreiche mein Ziel, und die Mehrheit “der Dresdner” steht sowieso hinter mir. Und wenn ich mein Ziel nicht erreiche, dann ziehe ich eben vor Gericht, durch alle Instanzen, jahrelang, ohne Rücksicht auf Verluste.
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In der Sächsischen Zeitung war dazu vor ein paar Tagen ein herrlicher Leserbrief zu lesen, den ich mir ungekürzt wiederzugeben erlaube:

Ein salomonischer Vorschlag zur Lösung des gordischen Knotens Waldschlößchenbrücke: Bauen wir doch einfach nur die halbe Brücke auf. Von der Altstädter Seite bis zur Mitte des Flusses: Die Brückenbefürworter haben eine Brücke, den -gegnern und der Unesco bleibt die Aussicht unverstellt, das Regierungspräsidium kann Bauaufträge für die eine Hälfte auslösen und der Stadtrat unbedarft und unbestraft gegen die 2. Brückenhälfte sein und die Baukosten halbieren sich auch noch. Nur Vorteile für alle Seiten.
Und vielleicht wird ja in ein paar Jahren diese halbe Brücke dann genauso liebevoll wie die in Avignon besungen und wer weiß eines Tages sogar Weltkulturerbe. Eine Touristenattraktion wäre sie auf jeden Fall.” (Andre Grossmann, per E-Mail an die SZ)

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Bildmaterial: http://www.elbwiesen-erhalten.de/