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Das Eigentor der Brückengegner

Friday, July 20th, 2007 2:21pm

Seit vorgestern ist es amtlich: Die Brücke muss gebaut werden.

Die Landeshauptstadt Dresden ist mit ihrem hartnäckigen Bemühen, den demokratisch legitimierten Bau der Waldschlößchenbrücke in der 1997 geplanten Form zu verhindern und stattdessen eine höchst fragwürdige “Kompromissbrücke” zur Rettung des Welterbetitels zu bauen, durch alle Instanzen hinweg gescheitert.

Die Gegner der Brücke hatten mit allen, z.T. höchst bedenklichen Mitteln versucht, den Bau der Brücke zu stoppen, doch ihre Rechnung ist nicht aufgegangen. Mit erheblichen Konsequenzen für Dresden. Weil die Gegner der Waldschlößchenbrücke nicht bereit waren, eine demokratisch herbeigeführte Entscheidung zu akzeptieren, haben sie durch eine als manipulativ zu bewertende Intervention bei der UNESCO versucht, klare rechtsstaatliche Strukturen unseres Landes zu umgehen und mit dem Druckmittel des nationalen Image-Verlustes quasi auszuhebeln. Die Legitimität des Bürgerentscheides wurde mit Pseudo-Argumenten angefochten, frei nach dem Motto: Hätten die Wähler damals gewusst, dass uns der Welterbetitel flöten geht, hätten sie anders gewählt. Doch erstens funktioniert Demokratie nicht so, und zweitens geht uns der Welterbetitel überhaupt nur deshalb flöten, weil die Brückengegner bei der UNESCO ihren Mund zu weit aufgerissen haben. Das nachträgliche Gejammer ist unerträglich und heuchlerisch. Die jetzt geschaffene Situation kommt einem klassischen Eigentor gleich, und sie ist mehr als bitter: Dresden verliert nicht nur die bislang unversehrten Elbauen am Waldschlößchen, sondern auch den Welterbetitel.

Ich selbst habe beim Bürgerentscheid 2005 gegen die Brücke gestimmt, habe aber – wenngleich zunächst fassungslos – akzeptiert, dass eine demokratisch mehr als eindeutige Entscheidung getroffen wurde. Nicht das Regierungspräsidium, das gestern alle Bauaufträge vergeben hat, ist schuld an der sicheren Aberkennung des Welterbetitels, auch nicht der sächsische Ministerpräsident, der seinerzeit die Bewerbung Dresdens um den Welterbetitel unter ausdrücklichem Verweis auf das Vorhaben des Brückenbaus unterstützt hat. Das Aussehen und der Standort der Brücke sind seit 1997 bekannt.

Mir geht es gar nicht mehr um Brücke ja oder nein; was mich auf die Palme bringt ist die undemokratische Ignoranz der Brückengegner, die um jeden Preis ihr Anliegen durchbringen wollen, und die jetzt einen letzten verzweifelten Versuch zur Brückenverhinderung gestartet haben, indem sie auf die angebliche Bedrohung einer seltenen Fledermausart durch den Brückenbau verweisen. Peinlicher und unglaubwürdiger geht es nimmermehr.

Ich hätte auf diese Brücke verzichten können, aber als Demokrat schließe ich mich denen an, die sagen: Baut endlich die Brücke. Ich halte die Aufweichung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien für weitaus gravierender als den Verlust eines Welterbetitel, den man – wie Herr Blobel bewiesen hat – durch Vorlage von ein paar Fotos bei Herrn Bandarin (Chef der Welterbe-Kommission) relativ leicht ins Wanken bringen kann.

Bitte diese Brücke – oder keine!

Tuesday, June 12th, 2007 10:48am

Als grundsätzlicher Gegner einer Brücke am Waldschlösschen habe ich bisher alle oberirdischen Elbquerungen an dieser sensiblen Stelle des Dresdner Elbtals abgelehnt und mich stattdessen der Forderung nach einer Tunnellösung angeschlossen. Der Bau eines Tunnels ist allerdings derzeit auf keiner Agenda zu verzeichnen – auch nicht auf der eines ansonsten sehr um Brückenkompromisse bemühten Baubürgermeisters. Die Unterschriftensammler der Pro-Tunnel-Bürgerinitiative werden angesichts des fortgeschrittenen Diskussionsstands vermutlich genauso wenig bewegen können wie die offenen Briefe von Volkwin Marg sowie zweier TU-Professoren, die die einseitige Fixierung auf eine oberirdische Elbquerung beklagen.

Das bedeutet, dass auch ich als Brückengegner mich gezwungen sehe, mich mit der Frage zu beschäftigen, welche Brücke – wenn es schon nicht ohne Brücke geht – denn am ehesten das Potenzial hätte, sich mittel- bis langfristig als Landmarke zu etablieren und nicht als Störfaktor, sondern als Blickfang innerhalb der Dresdner Architekturlandschaft zu wirken. Der zeitgenössischen Architekturphilosophie, die an besonders sensible städtebauliche Punkte bewusst “sich zurücknehmende” Lösungen sucht, die in Wahrheit aber allzu häufig furchtbar banal und langweilig wirken – siehe als Paradebeispiel den geplanten “Wilsdruffer Kubus” gegenüber vom Zwinger –, begegne ich prinzipiell mit großer Skepsis. Diese Architekturphilosophie schlägt am Waldschlösschen nun einen filigranen “Steg” statt einer Brücke vor – es soll eine Brückenarchitektur entstehen, die sich als solche selbst verleugnet.

Dem steht ein geradezu kühner Siegerentwurf aus dem Jahre 1997 entgegen, der sowohl Elemente der Dynamik als auch der Ruhe beinhaltet und der eine selbstbewusste, durchaus anspruchsvolle gestalterische Leistung darstellt:

WSB2.jpg

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Die Neigung der Brückenpfeiler nimmt den Schwung des Bogens auf, so dass in der Gesamtansicht ein sehr bewegtes, anmutiges Bauwerk entstehen würde. Kritkwürdig ist allein der geplante Standort, aber dieser kann seinem Verfasser Henry Ripke nun wirklich nicht zum Vorwurf gemacht werden. Diesen – völlig zu Unrecht nachträglich diskreditierten und in Verruf gebrachten – Entwurf zu kippen und durch eine banale Kompromisslösung zu ersetzen, die durch den Verzicht auf bzw. die Verlegung des Brückenbogens angeblich leichter und unaufdringlicher daherkommen soll, in Wirklichkeit aber langweilig und ideenlos wirkt, halte ich für einen großen Fehler.

Wenn schon eine Brücke gebaut werden soll, dann bitte eine, die als solche bezeichnet zu werden verdient und die eine selbstbewusste städtebauliche Geste darstellt. Wenn schon der politische Wille zu einem Tunnel nicht reicht, dann möge bitte DIESE Brücke gebaut werden, und kein fauler Kompromiss. Denn auch ein Kompromiss muss 4 Spuren rollenden Verkehrs bewältigen – und dies werden selbst die dünnsten Stelzen nicht verschleiern können.

Die unendliche Geschichte von der Waldschlößchenbrücke

Tuesday, June 12th, 2007 10:00am

Der Streit um die Brücke nimmt kein Ende, und der ohnehin scharfe Ton verschärft sich weiter – Anschuldigungen, Drohungen und Verhärtung beherrschen die Debatte; das Klima ist vergiftet, ein Kompromiss scheint unmöglich geworden. Hier eine Zusammenstellung ausgewählter Zuspitzungen der letzten Wochen:

-Nach dem sächsischen Verfassungsgericht hat nun auch das Bundesverfassungsgericht die Klage der Landeshaupstadt gegen das Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, welches den Bau der Brücke anordnet, abgewiesen – die Verhinderung der Brücke auf juristischem Wege ist damit nahezu unmöglich geworden.

-Die Brückenbefürworter aus den Reihen von CDU und FDP haben sich demonstrativ der von Baubürgermeister Feßenmayer veranstalteten sog. “Perspektivenwerkstatt” verweigert, die in Zusammenarbeit mit einer Reihe namhafter Architekten nach Alternativen zum aktuellen Brückenentwurf suchte. Der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion, Michael Grötsch, greift Feßenmayer für seine Kompromiss-Suche mittlerweile offen an.

-Das Dresdner Regierungspräsidium hat aufgrund der fortgesetzten Weigerung der Stadtratsmehrheit, den Bau der Brücke durch Vergabe von Bauaufträgen in die Wege zu leiten, erste Bauaufträge zur Herstellung der Tunnelzufahrten selbst vergeben.

-Die Brückenbefürworter im Dresdner Stadtrat erwägen mittlerweile strafrechtliche Schritte gegen die “Brückenverhinderer” – den amtierenden Bürgermeister Lutz Vogel und Baubürgemeister Feßenmayer eingeschlossen.

-Bundesverkehrsminister Tiefensee droht mit der Kürzung von Fördermitteln für Sachsen, sollte die derzeit geplante Brücke gebaut werden: Der Bau der Brücke in der bislang vorgesehenen Form sei nicht mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands vereinbar, und auch der Bund käme seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nach, wenn er die Finanzierung der Brücke aus Bundesmitteln duldete.

-Prof. Volkwin Marg (Gerkan, Marg & Partner, Hamburg), der 1997 jenem Preisgericht angehörte, das den aktuellen Brückenentwurf zum Sieger kürte, spricht in einem offenen Brief von einer Manipulation des damaligen Wettbewerbsverfahren: Eine Tunnellösung, obwohl technisch und finanziell durchaus realistisch, sei bewusst hintertrieben worden.

Am heutigen Dienstag nun soll der Stadtrat entscheiden, ob und welche der seitens der “Perspektivenwerkstatt” vorgelegten Alternativ-Entwürfe für die Brücke bei der bevorstehenden UNESCO-Tagung in Neuseeland (23.6.–2.7.) vorgelegt werden sollen, um die “Welterbeverträglichkeit” einer Brücke am Waldschlößchen zu demonstrieren und so den Erhalt des Titels zu sichern. Die von der Jury empfohlenen Entwürfe stammen aus der Feder von Werner Sobek (unten) sowie Schlaich Bergermann (ganz unten), beide in Stuttgart ansässig. Die Entwürfe sehen vor, die Brücke eher als filigranen “Steg” denn als wuchtige Brücke wirken zu lassen, um den Elbraum so wenig wie möglich zu beeinträchtigen:

WSB_sobek.jpg

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Ob die Entwürfe allerdings mit dem Planfeststellungsverfahren von 2004 vereinbar sind, darf bezweifelt werden: Sobeks Entwurf sieht nur 3 statt 4 Spuren vor und benötigt zudem Pfeiler in der Elbe – ein klares Ausschlusskriterium, da die Standfestigkeit der filigranen Stützen etwa bei Kollisionen mit havarierten Schiffen ernsthaft bezweifelt werden muss. Das Regierungspräsidium, welches die neuen Planungen billigen müsste, hat sich bereits ablehnend gegenüber den “Kompromissbrücken” gezeigt, so dass momentan weiterhin alles auf eine offene Konfrontation hinausläuft.

“Gebt der Vernunft eine Chance!”

Friday, March 30th, 2007 1:07pm

Unter dem Motto “gebt der Vernunft eine Chance!” hat sich in Dresden als Folge des Dauerstreits um die Waldschlösschenbrücke eine neue Bürgerintiative gebildet, die sich auf www.elbtunnel-dresden.de vorstellt, und deren Anliegen ich hier im Wortlaut wiedergeben möchte:

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“Der endlose und zermürbende Streit […] hat die Kommune der Stadt politisch gespalten und tiefe Gräben des gegenseitigen Unverständnisses aufgeworfen. Die Auseinandersetzung muss auch im Sinne eines Versöhnungsprozesses durch die Bürger dieser Stadt entschieden werden. Gerichtsentscheidungen können Dresden diese Aufgabe nicht abnehmen.

Ein wirklicher Kompromiss, der allen Beteiligten nützt, ist die Errichtung eines Tunnels. Er ist technisch machbar und politisch sinnvoll. Die Elbquerung würde gewährleistet, der einmalige Landschaftsraum bliebe unberührt, der UNESCO-Welterbestatus bleibt erhalten, der Bürgerwillen wird ernst genommen.

Der Bürgerentscheid, der eine Elbquerung am Waldschlößchen fordert, ist als ein wichtiges Mittel der direkten Demokratie ernst zunehmen. Die Bürger der Stadt haben aber nicht über eine Brücke oder einen Tunnel abgestimmt - diese Optionen standen nicht- sondern sie stimmten für eine Verkehrslösung. Diese Lösung wird mit einem Tunnel erreicht. Somit wird letztendlich auch durch den Tunnel das Bürgerbegehren umgesetzt.

Diese Initiative agiert überparteilich und setzt sich zum Ziel, die Öffentlichkeit von der Tunnellösung zu informieren und sie schnellstmöglich umzusetzen. Alle Bürger der Stadt, die diese Lösung unterstützen, sind aufgerufen, sich aktiv zu beteiligen.”

Wer sich eingehender mit den Fragen beschäftigen möchte, die durch eine mögliche Tunnellösung am Waldschlößchen aufgeworfen werden, findet eine Zusammenfassung und Auswertung der bisherigen Gutachten als PDF zum Herunterladen auf www.welterbe-erhalten.de.

Bildnachweis: Gutachten der Technischen Hochschule Aachen, März 2006