Waldschlösschenbrücke adé?

Was haben die in politischer Verantwortung stehenden Befürworter der “Waldschlössenbrücke” getan, um den Konflikt mit der Unesco um die Vereinbarkeit von Brückenbau und Weltkulturerbe-Status des Dresdner Elbtals im Vorfeld zu entschärfen? Haben sie auch nur ansatzweise Perspektiven aufgezeigt, wie der prestigeträchtige Titel und der Bau einer weiteren innerstädtischen Elbquerung miteinander in Einklang gebracht werden können? Die Antwort ist ein klares “Nein”. Lautstark wurde immer wieder die Verpflichtung zur “Umsetzung des Bürgerwillens” angemahnt. Auf die Brücke sei im Rahmen der Bewerbung um Aufnahme des Dresdner Elbtals in das Weltkulturerbe der Unesco schließlich hingewiesen worden, hieß es immer wieder. Dass der Standort der Brücke dabei falsch eingetragen war, schien nur wenige zu interessieren. Im Gegenteil: Anstatt Kompromissbereitschaft zu signalisieren, wurde munter weiter geplant. Alternativen wurden nicht aufgezeigt, jeder Versuch, verworfene Planungsvarianten aufgrund der veränderten Gesamtsituation einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen, abgeschmettert.

Dass es einen klaren Auftrag seitens der Dresdner Bürger zum Bau einer fünften innerstädtischen Elbquerung gibt, kann niemand ernsthaft bestreiten. Dass allerdings der “Wille zu Brücke” unter Zuhilfenahme einer alternativlosen Fragestellung beim Bürgerbegehren zu einem “Willen zur Brücke am Waldschlösschen” umfunktioniert wurde, entzieht dem Schlachtruf “Bürgerwille umsetzen” jegliche Legitimation.

“Ein getroffener Hund beißt”, so ein altbekanntes Sprichwort. Wer die Unesco-Kommission, die vorgestern in Vilnius das Dresdner Elbtal auf die “Rote Liste” der gefährdeten Weltkulturerbe-Stätten setzte, nun als realitätsferne, brückenverhindernde Bürokraten abkanzelt, sollte sich an die eigene Nase fassen.

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Oben: 3-D-Visualisierung. Quelle: www.waldschloesschenbruecke.de

Unten: Die Abbildung zeigt die Dimensionen der geplanten Brücke im Vergleich zu den bestehenden Elbquerungen und ist dem “Gutachten zu den visuellen Auswirkungen des ‘Verkehrszuges Waldschlösschenbrücke’ auf das UNESCO-Weltkulturerbe ‘Elbtal Dresden’” entnommen (Download als PDF, 3,45 MB).

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8 Responses to “Waldschlösschenbrücke adé?”

  1. silesianospostato
    July 13th, 2006 13:54
    1

    Tja, was die Waldschlößchenbrücke anlangt, bin ich mir nicht so recht schlüssig. Einerseits ist eine weitere Brücke zwischen der Innenstadt und Pirna erforderlich - denn bei der zu erwartenden Totalüberholung des blauen Wunders wird es auf 20 km keine einzige Brücke mehr geben. Andererseits ist die Waldschlößchenbrücke in der jetzigen Form wirklich häßlich und viel zu dominierend. Wie würde denn eine kleinere und dezentere Brücke ggf. aus Mauerwerk beurteilt? Fakt ist wohl, daß es kaum anderen Standorte gibt, da der Elbhang einen Brückbau in Richtung Pirna bis zum Blauen Wunder unmöglich macht. Die nächste Möglichkeit käme wohl erst wieder bei Laubegast - das wäre dann aber wirklich sehr weit ab vom Schuß und auch auf der anderen Elbseite schlecht an die Innenstadt angebunden.

  2. silesianospostato
    July 13th, 2006 14:01
    2

    Noch ein Nachtrag: wäre die Waldschlößchenbrücke schon zur Gründerzeit mit einem ansprechenden Äußeren gebaut worden, ginge es heute wohl nur noch darum, wie sie denkmalgerecht als Wahrzeichen Dresdens erhalten werden könnte. Nicht zu vergessen ist hier, daß vieles, was die heutige Stadt Dresden ausmacht (Kunstakademie, die riesigen Ministerialgebäude an der Elbe, das blaue Wunder, die Loschwitzer Schwebebahn und sogar die Elbschlösser) bei der Erbauung als “monströs” und unsensibler Eingriff in die Natur galten.

  3. vitruv
    July 13th, 2006 14:03
    3

    Den Welterbetitel zu bewahren muss höchste Priorität haben. Das jetzige Brückenmodell ist hässlich und zerstört die Kulturlandschaft. Mein Favorit wäre: keine Brücke. Ansonsten würde ich mir eine enge Zusammenarbeit von UNESCO und Bauplanung wünschen, damit was Ästhetisches dabei rauskommt. Eine schöne Brücke könnte vielleicht sogar das Stadtbild bereichern. Die dürfte dann kein “modernes Kunstwerk” sein, das beziehungslos in der Lanschaft steht, sondern sollte sich an den anderen Brücken orientieren: mit Stein verkleidete Bögen fände ich z.B. sehr schön.

  4. stephan
    July 13th, 2006 14:54
    4

    Warum baut man nicht gleich einen Tunnel? Unter dem Waldschlößchen hindurch geht es eh nur mittels Tunnel hindurch. Warum zieht man diesen nicht tiefer und unter der Elbe hindurch?

    Die Pläne dafür hingen im Lingnerschloss zum Welterbe aus.

    Das ganze ist eine Schildbürgerei hoch drei, da niemand nach einem Tunnel gefragt hat.

    @silesianospostato: Wenn wir die Mittel unserer Zeit nutzen würden, könnten die Stadt autofreier gestalten oder einen Tunnel bauen.

  5. Jochen
    July 13th, 2006 22:22
    5

    Was ist das schön. Ich verstehe aber auch die Verwaltung nicht. Immer mit dem Kopf durch die Wand. Ähnlich agiert man auch beim bevorstehenden Bau des Gewandhauses am Neumarkt. Ich vermute, daß man dem Initiator der Gegenbewegung, Prof. Blobel, am liebsten etwas “in den Kaffee” tun würde. Wie sagt der ansonsten von mir geschätzte Prof. Biedenkopf so schön: “Wir sind das Volk”. (die Regierenden) Ein schöner Dämpfer.

  6. vitruv
    July 14th, 2006 15:02
    6

    Jetzt geht es darum, ob sich Dresden vor aller Welt blamieren möchte oder nicht. Arrogant auf den Welterbetitel zu verzichten durch den Baubeginn wäre wohl die dämlichste Reaktion. Dann spätestens wüsste alle Welt, dass die Dresdner hinterm Mond leben.

  7. vitruv
    July 26th, 2006 15:28
    7

    Na zum Glück hat sich der Stadtrat zunächst gegen den Baubeginn entschieden. Zu schade, wie der Bürgerentscheid immer wieder als Argument pro Brücke herhalten muss. Dabei hatten die Bürger zuvor noch nicht mal glaubwürdige Visualisierungen zu sehen bekommen. Ein Skandal, wie wir gezielt desinformiert wurden.

  8. Peter
    November 3rd, 2006 20:15
    8

    Ich bin auch für einen Tunnel.

    Dass dies technisch nicht möglich wäre, kann mir kein Mensch erzählen.

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