Fassadenwettbewerb für Altmarkt-Südseite entschieden

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Der Fassadenwettbewerb für die Altmarkt-Südseite ist entschieden. Gewonnen hat ein Entwurf des Dresdner Architekten Eberhard Pfau. Angesichts der nach wie vor dominierenden modernistischen Architekturauffassung in den städtebaulichen Entscheidungsgremien dieser Stadt verwundert es kaum, dass die Gestaltung wieder einmal mehr oder minder minimalistisch ausfällt: Das Auge sucht vergeblich nach feinen Akzenten, wie sie bei den benachbarten Wohnbauten der 50er Jahre zu finden sind. Stattdessen kommt die Fassade recht glatt und profillos daher, die Fenster haben keine Gewände, die Fensterflächen sind kaum gegliedert; zudem wird das künftige “Hotel Altmarkt” als einziger der seit 1990 am Altmarkt errichteten Neubauten nicht von stehenden, sondern liegenden Fensterformaten geprägt sein. Es versteht sich beinahe von selbst, dass ein Neubau am ältesten Platz der Stadt nicht mit ornamentalen Elementen arbeitet: Je gewichtiger das historische Umfeld – in diesem Falle die Kreuzkirche –, desto banaler muss offenbar die architektonische Konzeption ausfallen; dies war bereits bei der Entscheidung des Fassadenwettbewerbs für den “Wilsdruffer Kubus” am Postplatz zu beobachten gewesen.

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Ein Trost dabei: Obwohl das Ergebnis insgesamt recht enttäuschend ausfällt, verspricht das Gebäude letztlich ein Gewinn für den Platz zu werden, wird doch die seit über 60 Jahren brachliegende Südseite des Altmarktes endlich geschlossen und der Altmarkt wieder als klar definierter, innerstädtischer Platz erlebbar. Traufhöhe und Materialwahl (Sandsteinfassade, rotes Ziegeldach) sorgen zudem dafür, dass der Neubau trotz seiner trivial wirkenden Gestaltung mit einer gewissen Selbstverständlichkeit seinen Platz im städtebaulichen Umfeld einnimmt. Fazit: Von einer Katastrophe kann angesichts dieses Entwurfs sicherlich nicht die Rede sein – von einer vertanen Chance allemal.

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Historischer Vergleich: Der Altmarkt um 1900.

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Bildnachweis: Pfau Architekten, Wikipedia

3 Responses to “Fassadenwettbewerb für Altmarkt-Südseite entschieden”

  1. Peter
    March 14th, 2008 04:06
    1

    Stimmt, Thomas, eine Katstrophe ist das Gebäude nicht, ich sehe das genau so wie du. Es ist einfach ein nichtssagendes, langweiliges und vor allem aber völlig gesichtsloses Gebäude.

    Man könnte aber überspitzt sagen: die Katastrohpe besteht tatsächlich nicht im Bauen diess Gebäudes. Aber vielleicht könnte sie darin bestehen, dass sich diese Gebäude ständig wiederholen, dass sie sich alle so erschreckend gleichen in ihrer Leere, Ödheit und Kargheit, dass man aussschliesslich nur “so” bauen darf (denn sonst ist man “rückwärtsgewandt” oder gar Disneyland etc.), und dass das Ornament noch immer “ein Verbrechen” ist.

    Ein Gebäude dieser Art fände ich in Ordnung, oder auch auch zwei. Vielleicht auch drei. Aber wieso denn immer NUR so was??? Ich verstehe as nicht, es ist traurig und es tut mir weh. Nicht das gebäude, sondern die Tatsache dass es anders GINGE, wenn man nur wollte. Aber die Rückkehr zur Schönheit, und Mut zur Wiederaufnahme der Geschichte, ist politisch nicht gewollt.

    Ja, das Gebäude ist natürlich keine Katastrophe. Aber, ich frage: Wenn ich ein Kind hätte, und seine Zukunft würde verbaut, aus irgendeinem Grund, und es würde aus ihm nichts werden als ein Fensterputzer oder Strassenkehrer - wäre dsa eine Katastrophe? Nein, es wäre keine, weil es mir am Wichtigsten wäre dass es zu essen hat, ein Dach über dem Kopf hat, Freunde hat, glücklich ist, gesund ist. Das geht auch als Strassenkehrer oder als Fensterputzer.

    Und dennoch wäre ich unendlich traurig darüber, weil ich wüsste, SO VIEL MEHR wäre möglich gewesen!

    Ich rede oft in Metaphern, in der Bibel nennt man sie “Gleichnisse”. Und ich nehme an, gefühlsmäßig wird jedem klar was ich mit diesem Bild meine: Der Altmarkt ist das Kind, es lebt und ist gesund. Es ist halt beruflich nix geworden aus ihm - na und. Keine Katastrophe. OK, alles in Ordnung.

    Aber es hätte das Zeug und die Begabung und das Potenzial zu SEHR VIEL MEHR, als nur Strassenkehrer. Und das macht mich traurig.

  2. Fama
    March 20th, 2008 20:44
    2

    Ja, wieder eine vertane Chance für eine Belebung des Stadtzentrums. Nicht eine Bettenburg, sondern kleinteilige, abwechslungsreiche und differenziert bewirtschaftbare Strukturen bringen das Leben in die Innenstadt zurück! Hat man gerade erst erfolgreich die Autos vom Platz verbannt, schlägt einem künftig eine große Leere, begerenzt von fein säuberlich geglätteten Fassaden entgegen. Hier werden wohl die Touristen geschwindten Schrittes den unpersönlich gewordenen Platz überqueren um das Erlebnis Stadt woanders zu suchen. So betrachtet, ganz sicher eine vertane Chance …

  3. Lindner J.
    March 14th, 2009 20:38
    3

    Schön daß diese Baulücke endlich geschlossen wird und der Altmarkt wieder als ein richtiger Platz begreifbar wird.
    Und schön daß dieser primitive Allerweltskasten wenigstens ein Ziegeldach haben darf. Armes Dresden!

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