Das Eigentor der Brückengegner

Seit vorgestern ist es amtlich: Die Brücke muss gebaut werden.

Die Landeshauptstadt Dresden ist mit ihrem hartnäckigen Bemühen, den demokratisch legitimierten Bau der Waldschlößchenbrücke in der 1997 geplanten Form zu verhindern und stattdessen eine höchst fragwürdige “Kompromissbrücke” zur Rettung des Welterbetitels zu bauen, durch alle Instanzen hinweg gescheitert.

Die Gegner der Brücke hatten mit allen, z.T. höchst bedenklichen Mitteln versucht, den Bau der Brücke zu stoppen, doch ihre Rechnung ist nicht aufgegangen. Mit erheblichen Konsequenzen für Dresden. Weil die Gegner der Waldschlößchenbrücke nicht bereit waren, eine demokratisch herbeigeführte Entscheidung zu akzeptieren, haben sie durch eine als manipulativ zu bewertende Intervention bei der UNESCO versucht, klare rechtsstaatliche Strukturen unseres Landes zu umgehen und mit dem Druckmittel des nationalen Image-Verlustes quasi auszuhebeln. Die Legitimität des Bürgerentscheides wurde mit Pseudo-Argumenten angefochten, frei nach dem Motto: Hätten die Wähler damals gewusst, dass uns der Welterbetitel flöten geht, hätten sie anders gewählt. Doch erstens funktioniert Demokratie nicht so, und zweitens geht uns der Welterbetitel überhaupt nur deshalb flöten, weil die Brückengegner bei der UNESCO ihren Mund zu weit aufgerissen haben. Das nachträgliche Gejammer ist unerträglich und heuchlerisch. Die jetzt geschaffene Situation kommt einem klassischen Eigentor gleich, und sie ist mehr als bitter: Dresden verliert nicht nur die bislang unversehrten Elbauen am Waldschlößchen, sondern auch den Welterbetitel.

Ich selbst habe beim Bürgerentscheid 2005 gegen die Brücke gestimmt, habe aber – wenngleich zunächst fassungslos – akzeptiert, dass eine demokratisch mehr als eindeutige Entscheidung getroffen wurde. Nicht das Regierungspräsidium, das gestern alle Bauaufträge vergeben hat, ist schuld an der sicheren Aberkennung des Welterbetitels, auch nicht der sächsische Ministerpräsident, der seinerzeit die Bewerbung Dresdens um den Welterbetitel unter ausdrücklichem Verweis auf das Vorhaben des Brückenbaus unterstützt hat. Das Aussehen und der Standort der Brücke sind seit 1997 bekannt.

Mir geht es gar nicht mehr um Brücke ja oder nein; was mich auf die Palme bringt ist die undemokratische Ignoranz der Brückengegner, die um jeden Preis ihr Anliegen durchbringen wollen, und die jetzt einen letzten verzweifelten Versuch zur Brückenverhinderung gestartet haben, indem sie auf die angebliche Bedrohung einer seltenen Fledermausart durch den Brückenbau verweisen. Peinlicher und unglaubwürdiger geht es nimmermehr.

Ich hätte auf diese Brücke verzichten können, aber als Demokrat schließe ich mich denen an, die sagen: Baut endlich die Brücke. Ich halte die Aufweichung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien für weitaus gravierender als den Verlust eines Welterbetitel, den man – wie Herr Blobel bewiesen hat – durch Vorlage von ein paar Fotos bei Herrn Bandarin (Chef der Welterbe-Kommission) relativ leicht ins Wanken bringen kann.

6 Responses to “Das Eigentor der Brückengegner”

  1. Jochen
    July 21st, 2007 19:46
    1

    Lieber Thomas Filip, bevor viele über Sie wegen dieses Statements herfallen werden, möchte ich Ihnen sagen, daß dies genau der Punkt ist und Sie auch Recht haben. Ich hätte mir lieber ein anderes Aussehen gewünscht, aber da hat Dresden mit seinen auf allen Gebieten eingesetzten Gestaltungskommissionen ja einen leidvollen Hang zur Häßlichkeit. Was bei der Akzeptanz der Mehrheitsentscheidung letztlich doch verdrießt, ist die Tatsache, daß Mehrheitsmeinungen in anderen Fällen, wie z.B. Bebauung des Neumarkts, bei den Verantwortlichen keine Rolle spielen.

  2. Dresden
    July 23rd, 2007 11:59
    2

    Ich hatte mich der Stimme enthalten, war aber eher für die Brücke und die Linksgrünen sind mir schon lange spinnefeind.

    Jedoch haben mich die Primitivität der Brückenfreunde, ihre Bildungsferne, ihr Alter, ihr Hang zum Hooliganismus in der Architektur und ihre Ansichten mit dem Habitus von Weixdorfern und Bannewitzern sowie ihre Zuneigung zu Dynamo Dresden dermaßen verstört, dass ich die Seiten gewechselt habe und bis zum letzten Gefecht gegen das Bauwerk der Alters- und Geistesschwachen kämpfen werde und danach für den Abriss.

    Auch wenn es politisch nicht korrekt ist, sind pro diese Brücke und bescheuert für mich inzwischen Synonyme. Außerdem bin ich bei den Liberalen ausgetreten, die ihre eigenen Wähler bekriegen, 2/3 der FDP-Wähler sind inzwischen gegen die Brücke, die Hälfte der CDU-Wähler, Splitterruppen unter 60, es gibt aber auch junge Brückenbefürworter, bei der NPD sind es ungefähr 90%.

  3. Thomas Filip
    July 23rd, 2007 13:31
    3

    Hi Steffen, ich erlaube mir eine ebenso direkte Antwort: Nicht der Mangel an politischer Korrektheit stört mich an Deinem Kommentar, sondern das zuwenig an Respekt und das zuviel an Überheblichkeit gegenüber den Befürwortern der Brücke. Meinungen wie die Deine, die den Streit zu einem Kulturkampf zwischen einer proviziell gesinnten Mehrheit von Dummen und einer intellektuellen Minderheit von besserwissenden Bildungsbürgern hochstilisieren, helfen nicht weiter. Mich wundert, dass Du als offensichtlicher Bildungsbürger kein Wort über demokratische Grundwerte verlierst, die zweifelohne angegriffen werden, wenn der demokratisch festgestellte Mehrheitswille missachtet wird.

  4. Dresden
    July 23rd, 2007 13:54
    4

    Mehr unkontrolliertes Spiel mit dem exzentrischen Blumigen als dass ich nun Befürworter wirklich für dumm halten würde, war ja selbst einer, ich ertappe mich dabei, diese niederen Instinkte mächtig zu haben, und gebe mich ihnen dann gerne hin und bevor ich davon ablasse, werde ich jedoch unwillentlich angefeuert es weiter zu tun, das ist so ein gegenseitiges Hochschaukeln, obwohl mein Blutdruck glaube ich normal ist. Man hat auch Ekstase beim Überschreiten der Grenzen weil die Sache so groß ist, eigentlich aber würde mir ein neuer Volksentscheid sofort Abkühlung verschaffen. Für mich ist da offentlich eine Menge schief gelaufen und das vor 02/08 über das Knie brechen stört mich. An Weihnachten haben die Leute sicher was Anderes zu tun, aber da wäre wohl sonst der beste zweite Abstimmtermin. Ob man den will oder nicht ist hier wohl die Glauensfrage. Das mit der Fledermaus kann ich sogar nachvollziehen, obwohl mich sowas sonst auch aufgregt, es ist länsgt eine Religion für alle, außerdem gibt es kaum was Spannenderes im Internet als die Waldschlösschensoap, die emotional mehr mitreißt als Sex and the City.

  5. Thomas Filip
    July 23rd, 2007 14:32
    5

    Ich kann Dir nicht zustimmen, dass der Brückenbau über’s Knie gebrochen wird. Die konkreten Vorbereitungen für DIESEN Brückenbau (es gab ja auch schon andere Pläne am Waldschlößchen zu DRR-Zeiten und noch weit davor) laufen seit über 10 Jahren. Ich habe Verständnis dafür, dass die Befürworter der Brücke einen weiteren Verzug nicht hinzunehmen bereit sind. Die Alternative Welterbe oder Waldschlößchenbrücke ist durch die Unnachgibigkeit der Gegnner geschaffen worden. Ein neuer Bürgerentscheid ist in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zum einen wird das vorangegangene Votum missachtet; es entsteht unweigerlich der Eindruck von demokratischer Willkür, dass man solange abstimmen lässt, bis das Ergebnis “passt”. (Ein derartiges Vorgehen etwa auf landes- oder bundespolitischer Ebene wäre undenkbar; das demokratisch herbeigeführte Mandat ist bis zum Ablaufen der Legislaturperiode bzw. der Bindefrist gültig, und zwar unabhängig von einem evtl. Stimmungswandel in der Bevölkerung – wie sonst sollte Politik gestaltet werden? Zum anderen wäre das Verwerfen der bisherigen, über 10 Jahre hinweg geleisteten Planungsarbeit schon auch reichlich dekadent: Wie viele Planungsmillionen sollen noch verpulvert werden, bis vielleicht irgendwann mal ein Entwurf herauskommt, der alle zufriedenstellt?

  6. Dresden
    July 27th, 2007 23:34
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    Es gibt doch unter anderem zwei Probleme mit denen sich die CDU überhaupt keinen Gefallen tut, sie würde ja auch den zweiten Entscheid vermutlich klar gewinnen, NICHT nur bei der Fragestellung Wollen Sie eine zwei plus eins Tunnel-Querung oder keine. Übrigens, Der CHEF DER JURY die die Brücke 1997 gekürt hat spricht inzwischen SELBST von Bürgerentscheid-Manipulation, weil der Tunnel als unmöglich dargestellt wurde. Das eine Problem ist, dass der Wunsch-Koalitionspartner mit dem Slogan Unescogeprüft geworben hat, ohne böse Absicht, aber das macht den ganzen Bürgerentscheid moralisch hinfällig, besonders schlimm für die Demokratie da es die erste Erfahrung mit einem Volksentscheid war, auch wenn er als Lagerwahlkampf abgelaufen ist. Das zweite Problem ist, es stört parallel gar niemand, dass wir regelmäßig unseren Bürgermeister wählen, bis das Ergebnis stimmt. So viel Provinz muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Im ersten Wahlgang benötigt ein Kandidat die absolute Mehrheit, im zweiten reicht die einfache und es können sogar neue zusätzliche Kandidaten mitmachen. Das ist eben alles den Leuten in der Summe zunehmend zu verrückt und deswegen sind auch Leute gegen die Brücke, die eigentlich dafür wären, einfach um das ganze Gebilde etwas durcheinander zu rühren.

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