Die Macht der Illusion:
Dresden 2008

Schwarz-Weiß-Fotografien unzerstörter deutscher Städte, kultiviert in ungezählten nostalgischen Bildbänden und zunehmend auch Online-Bildarchiven wie bspw. www.bildindex.de, beschwören seit Jahrzehnten eine Welt, die vor über sechs Jahrzehnten in den Flammen des Bombenkrieges unterging. Wer heute Hamburg, Berlin, Frankfurt oder Dresden besucht und sich im Buchhandel nach ortskundiger Litaratur umsieht oder im Postkartenständer nach schönen Motiven sucht, stößt früher oder später auf die sepiagetönten Ansichten einer Welt, die unwiederbringlich verloren scheint und doch – gerade wegen dieser Bilder – in der Erinnerung weiterlebt und zu einer wachsenden Zahl von Wiederaufbau-Projekten wie denen am Dresdner Neumarkt antreibt.

Als Grafiker habe ich mich immer wieder gefragt, ob die imaginäre Welt, die durch die historischen Postkartenmotive am Leben gehalten wird, der Realität wohl standhalten würde, wenn mir die Chance einer Zeitreise vergönnt wäre. Und so habe ich einen umgekehrten Versuch unternommen, indem ich Dresdner Motive, die erst kürzlich von den Sensoren meiner digitalen Spiegelreflexkamera eingefangen wurden, nachträglich mit Patina und Altersspuren versah. Natürlich wird jedem Kenner sofort auffallen, dass die Frauenkirche aufgrund der witterungsbedingten Sandstein-Verfärbung vor dem Krieg fast schwarz war, und auch manch rekonstruierte Fassade wirkt deutlich zu frisch und zu perfekt. Dennoch: Obwohl die digitale Manipulation von Fotomaterial zu meinem Alltagsgeschäft gehört, war ich verblüfft, wie leicht die Täuschung gelingt – und vor allem: wie gerne ich mich täuschen lasse!

Frauenkirche.jpg

Rampische.jpg

QF-2.jpg

QF-1.jpg

Q3.jpg

HoteldeSaxe.jpg

2 Responses to “Die Macht der Illusion:
Dresden 2008”

  1. Jochen
    November 27th, 2008 14:38
    1

    Juchhuuuuu!!!! Ist das schön, wieder von Ihnen was zu hören und zu sehen, lieber Thomas Filip. Hatte schon Entzugserscheinungen, wollte schon die “Bergwacht” alarmieren, obgleich ich über die Neumarkt-Nachrichten der GHND und über das APH-Forum gut “am Ball” bin, wie man hier im Ruhrgebiet so schön sagt. Ihre besonnenen Einschätzungen und Beiträge sind mir immer ein Gewinn und haben auch schon mal zu einer Veränderung eines Standpunkt bei mir geführt.Ihr aktueller Beitrag widerlegt insbesondere die auch immer wieder erhobene Kritik, alles sei ja wie “geleckt”, zu perfekt, zu schön oder was sonst nicht noch. Wenn man sich die Bilder aus den dreißiger-Jahren anschaut, wie heruntergekommnen teilweise doch die barocke Bausubstanz und da besonders ihr Äußeres war, wäre man an einer flächendeckenden Sanierung und Renovierung mit dem jetzigen Ergebnis nicht herumgekommen. Und ob die auch immer wieder ins Spiel gebrachten alten Dachlandschaften so schön im Aussehen und für den Wohnkomfort der Bewohner waren, wage ich auch zu bezweifeln. Der sächsische Sandstein und die Zeit arbeiten unaufhörlich an der jetzt noch fehlenden Patina. Ich bins zufrieden.

  2. Bert
    December 2nd, 2008 12:24
    2

    Sehr schöne Fotos, insbesondere das erste ist fantastisch geworden. Gäbe es nicht die Leute mit ihren modernen Sachen, wäre die Illusion perfekt. ;-)
    Danke für´s Einstellen.

Leave a Reply

You must be logged in to post a comment.