Die Macht der Illusion:
Dresden 2008

Tuesday, November 25th, 2008 2:03pm

Schwarz-Weiß-Fotografien unzerstörter deutscher Städte, kultiviert in ungezählten nostalgischen Bildbänden und zunehmend auch Online-Bildarchiven wie bspw. www.bildindex.de, beschwören seit Jahrzehnten eine Welt, die vor über sechs Jahrzehnten in den Flammen des Bombenkrieges unterging. Wer heute Hamburg, Berlin, Frankfurt oder Dresden besucht und sich im Buchhandel nach ortskundiger Litaratur umsieht oder im Postkartenständer nach schönen Motiven sucht, stößt früher oder später auf die sepiagetönten Ansichten einer Welt, die unwiederbringlich verloren scheint und doch – gerade wegen dieser Bilder – in der Erinnerung weiterlebt und zu einer wachsenden Zahl von Wiederaufbau-Projekten wie denen am Dresdner Neumarkt antreibt.

Als Grafiker habe ich mich immer wieder gefragt, ob die imaginäre Welt, die durch die historischen Postkartenmotive am Leben gehalten wird, der Realität wohl standhalten würde, wenn mir die Chance einer Zeitreise vergönnt wäre. Und so habe ich einen umgekehrten Versuch unternommen, indem ich Dresdner Motive, die erst kürzlich von den Sensoren meiner digitalen Spiegelreflexkamera eingefangen wurden, nachträglich mit Patina und Altersspuren versah. Natürlich wird jedem Kenner sofort auffallen, dass die Frauenkirche aufgrund der witterungsbedingten Sandstein-Verfärbung vor dem Krieg fast schwarz war, und auch manch rekonstruierte Fassade wirkt deutlich zu frisch und zu perfekt. Dennoch: Obwohl die digitale Manipulation von Fotomaterial zu meinem Alltagsgeschäft gehört, war ich verblüfft, wie leicht die Täuschung gelingt – und vor allem: wie gerne ich mich täuschen lasse!

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Erweiterung der Altmarkt-Galerie bis Herbst 2010

Friday, June 20th, 2008 11:04am

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Nun ist es amtlich: Die Dresdner Altmarkt-Galerie soll bis Herbst 2010 um 18.000 qm zum Postplatz und zur Wilsdruffer Straße hin erweitert werden. Für die Erweiterung hat die ECE das denkmalgeschützte „intecta“-Gebäude an der Ecke Altmarkt/Wilsdruffer Straße erworben; der im Stil des “Stalinbarock” gehaltene Bau schließt die historische Altmarkt-Bebauung der frühen Nachkriegszeit zur Wilsdruffer Straße hin ab und soll künftig als zusätzliches Entrée zur Altmarkt-Galerie fungieren. Zuvor hatte die ECE auch das sog. “Linde-Haus” – zweifellos ein Tiefpunkt sozialistischen Städtebaus im Dresdner Zentrum – gekauft, das für die Erweiterung abgerissen und durch einen modernen Neubau ersetzt werden soll. Laut ECE soll die Wilsdruffer Straße durch die Maßnahme eine “deutliche Aufwertung” erfahren. In den Obergeschossen werden nach Auskunft des Investors Büros sowie ein Hotel auf insgesamt 5.500 qm Platz finden. Auf den neuen Flächen soll vor allem kleinteiliger Einzelhandel angesiedelt werden, was “besondere Chancen für regionale Betreiber und inhabergeführten Einzelhandel” bieten soll. Insgesamt wird es ca. 90 neue Shops geben – im Schnitt ist damit jedes Geschäft maximal 200 qm groß. Nur drei neue Shops sind zurzeit größer als 1.000 qm geplant.

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Was bedeutet dieses Projekt für Dresden? Hier geht es um 18.000 qm mehr Shopping-Genuss, 18.000 qm zusätzliche Schlemmerfreuden, 18.000 qm erweiterten Hotel-Komfort für eine Stadt, die derzeit dabei ist, ihr kulturhistorisches Zentrum zielstrebig in einem Meer aus Hotelbetten, Büros und Shopping-Centern zu ersäufen. Laut Auskunft der ECE-Gruppe soll mit dem Projekt “endlich die Verbindung zwischen der historischen Altstadt und der Einkaufsmeile Prager Straße” hergestellt werden. Man fragt sich als Ortskundiger unweigerlich, welche Aufgabe denn die Seestraße als natürliche Nord-Süd-Achse der inneren Altstadt bisher erfüllte? Während an der Prager Straße bereits über 50.000 qm neue Geschäftsflächen entstehen, während das große “Loch” am Wiener Platz vermutlich ebenfalls bald mit Geschäften und Büros zugeschüttet werden wird, während an der Schloßstraße, am Neumarkt, am Dr.-Külz-Ring, am Altmarkt, an der Herzogin Garten und am Postplatz ein Hotel nach dem anderen aus dem Boden gestampft wird, wird nun auch die Altmarkt-Galerie noch einmal massiv aufgepumpt werden.

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In einer Zeit, in der der private Konsum angesichts explodierender Lebenshaltungskosten kaum Wachstumspotenziale aufzuzeigen hat, und in der auf die Dresdner Tourismus-Euphorie allmählich die Dresdner Tourismus-Depression folgt, stellt sich unweigerlich die Frage, wann die Investitionsblase platzt und das große Einzelhandels- und Hotel-Sterben einsetzen wird, das seine Opfer – wie immer – bei den kleinen Unternehmen fordern und uns eine unattraktive Monokultur global agierender Branchenriesen hinterlassen wird.

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Doch nun zu den städtebaulichen Aspekten dieses Mammut-Projektes. Vereinfacht gesagt kann man feststellen, dass sich dieses Projekt nach außen präsentiert, wie es hinsichtlich seiner Wirtschaftlichkeit konzipiert ist: profitmaximiert, überdimensioniert, gestalterisch unambitioniert, da am Lokalkolorit uninteressiert.

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Natürlich ist diese Architektur immer noch besser als die verrottete Plattenbaukulisse der 60er und 70er Jahre – schlimmeres als das “Linde”-Haus hat das Dresdner Zentrum derzeit ohnehin nicht zu bieten. Mit dem sandfarbenen Gebäudeabschnitt, der sich unmittelbar an das sanierte “intecta”-Kaufhaus anschließen soll, wird ein leidlicher Übergang zwischen der verspielten Kaufhaus-Architektur der 50er Jahre und der typischen, funktionalistischen ECE-Investorenarchitektur erreicht. Die Verwendung von Naturstein sorgt dafür, dass der Gebäudekomplex wenigstens im Hinblick auf die Materialität einen einigermaßen ordentlichen Eindruck macht. Doch damit ist die Liste der als positiv einzustufenden Gestaltungsattribute auch schon beendet.

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Bedenkt man, dass wir uns hier nicht auf irgendeiner Shopping-Meile, sondern in unmittelbarer Nähe einiger der bedeutendsten architektonischen Kostbarkeiten Deutschlands befinden – Zwinger und Frauenkirche befinden sich jeweils nur 1-2 Gehminuten entfernt – wird es einem bange um das künftige Antlitz dieser Stadt. Gebäude dieser Art können an jeder beliebigen Ausfallstraße jeder x-beliebigen europäischen Großstadt stehen. Dem – aufgrund ihrer enormen Breite – ohnehin überdimensionierten Charakter der Wilsdruffer Straße wird durch die Massivität und Fehlproportionierung dieser Architektur kaum entgegen gewirkt, im Gegenteil: Kleinteiligkeit wird schmerzlich vermisst, so dass zu hoffen bleibt, dass seitens der Stadt wenigstens eine stärkere vertikale Gliederung des Komplexes eingefordert wird.

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Der strenge Gebäudeduktus und die Materialwahl machen übrigens deutlich, dass der neue Shopping-Komplex in seiner Ausformung bereits einen deutlichen Bezug auf die als “angenehm richtungslos” gepriesene Architektursprache des neuen Postplatzes nehmen soll. Doch bei unvoreingenommener Betrachtung wird deutlich: Nur wenige Hundert Meter von Frauenkirche und Zwinger entfernt sinkt der Anspruch an innerstädtische Stadtbaukunst und architektonische Gestaltung in der “Kunststadt Dresden” endgültig ins Bodenlose. Mit dem Postplatz und seiner angenehm richtungslosen, austauschbar globalen Architektur – derzeit gekrönt von einem 300.000 Euro teuren, nach zahllosen Reparaturen noch immer nicht funktionierenden Wasserspiel – gibt Dresden sich nach ungezählten Possenspielen um Waldschlößchenbrücke & Co. einmal mehr der Lächerlichkeit preis.

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Bildmaterial: ECE-Gruppe

An der Frauenkirche 22: Architekturbüro woernerundpartner distanziert sich von Ausführung

Wednesday, May 14th, 2008 2:52pm

Die vom Architekturbüro woernerundpartner entworfene, zeitgenössisch gestaltete Fassade für das Haus An der Frauenkirche 22 gehört zum Neumarkt-Komplex “Juwel an der Frauenkirche” (Quartier III), welcher vom Investor Baywobau realisiert wird und äußerlich mittlerweile nahezu fertiggestellt ist.

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woernerundpartner haben sich mittlerweile von der Ausführung ihres Entwurfs distanziert und nehmen dazu wie folgt Stellung:

“Mit der Übergabe der Entwurfspläne an das bereits beauftragte Planungsbüro endete unsere Beteiligung an der Gestaltung – die Pläne galten nunmehr als Grundlage für die weitere Fassadenplanung.

Von dem nun vorliegenden Ergebnis distanzieren wir uns ausdrücklich; es widerspricht unserer Planung und ihren wesentlichen, prägenden Gestaltungsvorgaben. Insbesondere die Fugenplanung, die Materialwahl und Farbigkeit wurden grob vernachlässigt und falsch interpretiert. Die von uns entwickelte Fassadenwölbung reduzierte man zu einem ‘Knick’. Ein zusätzlicher Farbanstrich führt zum Eindruck einer ‘plastikverkleideten’ Fassade, und die nachträglich aufgezeichneten Fugen können nur als Versuch einer Schadensbegrenzung gewertet werden.

Moderne, zeitgenössische Architektur ist ja nicht erst seit ihrer Etablierung am Neumarkt für viele ein Reibungspunkt – und der Diskussion um unsere Entwürfe stellen wir uns immer gern. Wenn diese Entwürfe allerdings ohne unsere Beteiligung in einer gestalterisch und baulich minderwertigen Qualität umgesetzt werden, wie im vorliegenden Fall geschehen, können und wollen wir diese auch nicht verteidigen.”

“Centrum-Galerie” zu 60% vermietet

Friday, May 02nd, 2008 11:28am

18 Monate vor ihrer Eröffnung sind nach Angaben des Investors rund 60 Prozent der an der Prager Straße im Bau befindlichen “Centrum-Galerie” vermietet.

Axel Funke, Geschäftsführer des Entwicklers Multi Development, kommentiert das Bauvorhaben wie folgt: „Ab September 2009 hat die Dresdner Innenstadt einen weiteren touristischen Magneten: Mit ihrer stadtbildprägenden, sehr modernen Architektur und dem gehobenen internationalen Handelsangebot wird die Centrum-Galerie helfen, die Prager Straße zu einem der besten Einkaufsboulevards Deutschlands zu machen!“

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Mit ca. 120 Shopeinheiten und ca. 52.000 m² Handelsfläche ist die Centrum-Galerie das größte innerstädtische Einzelhandelsprojekt Dresdens.

Auf der Projekt-Homepage www.centrumgalerie.de können eine Reihe von Modellfotos heruntergeladen werden, die eine Vorstellung von den künftigen Dimensionen des Shopping-Komplexes vermitteln.

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Bildquelle: www.centrumgalerie.de